Interview: "Wir brauchen eine linke Jugendkultur"

Rechtsradikale dürften nicht geduldet werden, sagt Brandenburgs Juso-Chef Sören Kosanke: "Ein bisschen Nazi" gebe es nicht.

taz: Herr Kosanke, seit Montag gibt es die Schülerzeitung Rote Rose. Was steckt dahinter?

SÖREN KOSANKE, 30, ist Landesvorsitzender der Jusos Brandenburg und Referent der Stadt Teltow. Er studierte Philosophie, Soziologie und Jura.

Sören Kosanke: Gegründet wurde die Rote Rose als eine Art "Gegenzeitung", um die demokratische Kultur an den Brandenburger Schulen zu stärken. Die Redaktion besteht aus sechs ehrenamtlichen Juso-Mitgliedern, die Erstauflage beträgt 20.000 Exemplare an über hundert Schulen. Erscheinen wollen wir halbjährlich. Es gab die sogenannte Schulhof-CD der NPD mit rechtsextremer Musik. Nun plant die NPD ebenfalls eine Schülerzeitung. Wir Demokraten dürfen uns dies nicht bieten lassen.

An wen richtet sich die Rote Rose?

Wir gehen in die Schulen rein. Für viele Jugendliche ist es schwer, der dummen und menschenverachtenden Logik der Rechten etwas entgegenzusetzen. Die Rote Rose entlarvt die Lügen der Nazi-Parteien und bietet Argumente gegen rechtes Gedankengut. Wir drehen den Spieß um: Die Nazis nehmen uns die Arbeits- und Ausbildungsplätze weg.

Parteipolitik ist nicht gerade en vogue. Schreckt eine parteinahe Schülerzeitung junge Menschen nicht ab?

Die Rote Rose ist so wenig parteipolitisch wie möglich. Schließlich geht es darum, über Machenschaften, Propaganda und Pseudoargumente der Nazis aufzuklären und nicht primär Werbung in eigener Sache zu machen. Wir Jusos müssen jungen Menschen die Möglichkeit zur Teilhabe bieten, ohne dass dies parteipolitisches Engagement erfordert. Dass Ministerpräsident Platzeck uns unterstützt, ist eine tolle Sache.

Wie erfolgreich kann eine Zeitung für Demokratie werben, wenn rechtsradikale Ideologie zum Mainstream avanciert?

Wichtig ist, dass man sich als Zivilgesellschaft klar positioniert. Faschismus und Nationalismus dürfen nicht einfach so geduldet werden. Wir brauchen eine demokratische, eine linke Jugendkultur. In einigen Landstrichen Brandenburgs kann man nicht über die Straße gehen, weil man verächtlich gemacht oder bedroht wird, wenn man keine kurz geschorenen Haare hat. So ein Zustand ist für jeden Demokraten unerträglich.

Wie arbeiten Sie mit den Schulen zusammen?

Bildung und Aufklärung sind natürlich Schlüsselaspekte im Kampf gegen Rechtsradikalismus. Aber wir können nicht einfach in die Schulen gehen und predigen. Das wollen sonst auch die Rechten. Wenn uns Lehrer, Eltern und Schüler ansprechen, kommen wir gerne zu Diskussionsrunden in die Schulen. Wir organisieren Fußballturniere und Rockkonzerte gegen rechts. Das ist ein Umfeld, wo man junge Leute gegen rechtsextreme Gedanken sensibilisieren kann. Der Mär vom "netten Nazi, der sonst eigentlich ganz okay ist", müssen wir erwidern: "Ein bisschen Nazi" gibt es nicht!

Wie waren die ersten Reaktionen auf die Rote Rose?

Wir sind gut angenommen worden. Wir wollen Aufklärung bieten und Menschen darin bestärken, sich gegen die menschenverachtende Ideologie der braunen Brut zu wehren - denn wir dürfen ihr nicht die Straßen und Schulhöfe überlassen. Trotzdem war das Verteilen nicht immer einfach. So bitter es ist, einige scheinen für die Demokratie fast verloren zu sein. Trotzdem geben wir nicht auf.

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