„Islamischer Staat“ im Irak: USA untersuchen Senfgas-Einsatz

Das Pentagon prüft Hinweise auf einen Angriff mit Chemiewaffen auf kurdische Kämpfer. Die Bundeswehr-Ausbildungsmission soll nicht gefährdet sein.

Ein Gewehrlauf, im Hintergrund zwei Kämpfer

Die Peschmerga sehen sich durch Chemiewaffen bedroht. Foto: dpa

WASHINGTON afp | Ein mutmaßlicher Giftgas-Angriff auf von der Bundeswehr ausgebildete Kurden-Kämpfer im Nordirak beschäftigt die internationale Koalition gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ („IS“). Die US-Regierung halte es für wahrscheinlich, dass der IS diese Woche Senfgas gegen die kurdischen Kämpfer eingesetzt habe, sagte ein US-Vertreter am Donnerstag.

Zuvor hatte das Bundesverteidigungsministerium dazu erklärt, Bundeswehrsoldaten seien nicht gefährdet. In der Opposition wurden allerdings Zweifel daran laut.

„Auf Grundlage der Informationen, die wir bereits haben, halten wir das für plausibel“, sagte ein US-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP über den mutmaßlichen Einsatz von Senfgas durch den „IS“ im Irak. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, die Regierung bemühe sich um zusätzliche Informationen über die Vorwürfe gegen den „IS“. „Wir nehmen diese und alle derartigen Anschuldigungen hinsichtlich des Einsatzes von Chemiewaffen sehr ernst“, erklärte Pentagon-Sprecher Jeff Davis.

Das „Wall Street Journal“ hatte berichtet, die US-Regierung gehe von einem Senfgas-Einsatz durch den „IS“ bei einem Angriff gegen kurdische Truppen im Irak in dieser Woche aus. Die Chemikalie stammte demnach womöglich aus den auf internationalen Druck aussortierten Beständen der syrischen Regierung oder aus dem Irak selbst.

Dutzende Verletzte

Kurdische Kämpfer im Irak sagten, der Angriff sei am Dienstag erfolgt. Nach Angaben eines hochrangigen Peschmerga-Vertreters im Irak gingen mit Chlorgas bestückte Katjuscha-Raketen auf die kurdischen Kämpfer nieder. Bei dem Angriff in der Region Machmur rund 50 Kilometer südwestlich der Kurdenmetropole Erbil seien Dutzende Peschmerga-Kämpfer verletzt worden.

Das Bundesverteidigungsministerium erklärte am Donnerstag, von der Bundeswehr ausgebildete Kurden-Kämpfer im Nordirak seien offenbar zum Ziel eines Chemiewaffenangriffs geworden. Deutsche Soldaten in der Region seien aber „nicht betroffen und nicht gefährdet“. Aus Bagdad seien irakische und US-Spezialisten zum Einsatzort unterwegs, um die genauen Umstände zu prüfen.

Später stellte das Verteidigungsministerium klar, dass die Bundeswehr am Ort des Geschehens „keine eigenen Quellen“ habe. Die Informationen stammten nicht aus eigener Anschauung.

Keine Konsequenzen für die Bundeswehr

Deutschland unterstützt seit September vergangenen Jahres den Kampf der kurdischen Peschmerga gegen den „IS“ mit Waffen und Schulungen. Derzeit sind 89 Bundeswehrangehörige für die Ausbildungsmission im Nordirak. Konkrete Konsequenzen für den Fortgang des Bundeswehreinsatzes werde der mutmaßliche Chemiewaffenangriff nicht haben, hieß es aus dem Bundesverteidigungsministerium.

Die Linkspartei nahm den Angriff zum Anlass, den sofortigen Abzug der Bundeswehrsoldaten aus dem Nordirak und von der türkisch-syrischen Grenze zu fordern. Der Giftgasangriff stelle „eine neue Qualität der Bedrohung im Irak dar“, sagte ihr Rüstungsexperte Jan van Aken. „Es ist fahrlässig, wie die Bundeswehr diesen Vorfall momentan offenbar herunterspielt.“ Der „IS“ habe bereits unter Beweis gestellt, dass er auch im Zentrum von Erbil zuschlagen könne.

Der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour sagte der Passauer Neuen Presse (PNP), die Bundeswehr brauche „die notwendigen Abwehrmaßnahmen“.

Der verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte der Zeitung, es seien nicht die ersten Erkenntnisse, dass der „IS“ Giftgas einsetze, und die Bundeswehr sei „extrem vosichtig“. Er sehe „keine Auswirkungen auf die Arbeit des deutschen Kontingents“. Der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn sagte der PNP, natürlich müsse die Lage genau beobachtet werden. Es sei aber „wichtig, an dem Einsatz festzuhalten und die Peschmerga in der Not nicht allein zu lassen“.

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