Islamismus nimmt laut Geheimdienst zu: Geisel will mehr Verfassungsschutz

Innensenator stellt den Bericht des Verfassungsschutzes vor und will mehr Geheimdienstler einstellen – gegen zunehmenden Islamismus

Glattrasierter Mann mit Kurzhaarfrisur hebt den Arm

Will mehr Verfassungsschützer*innen einstellen: Andreas Geisel (SPD), Senator für Inneres Foto: dpa

BERLIN taz | Vorsichtig, sehr vorsichtig drückte er sich aus, der Innensenator: Andreas Geisel (SPD) will den Berliner Verfassungsschutz, dessen Jahresbericht für 2018 er am Dienstag vorstellte, weiter aufstocken – wohl wissend, dass er damit bei den Koalitionspartnern Linkspartei und Grüne keine offenen Türen einrennt. „Mit der bisherigen Stellenausstattung können wir keine neuen Schwerpunkte setzen“, sagte Geisel. Das aber hält er im Bereich Islamismus für nötig. Er will deshalb versuchen, in den Verhandlungen über den neuen Landeshaushalt 2020/21 zusätzliche Stellen durchzusetzen.

Geisel bezeichnete den Verfassungsschutz als „Frühwarnsystem“, dessen Notwendigkeit der aktuelle Jahresbericht wieder einmal deutlich mache. Berlin übe als Hauptstadt eine Anziehung auf Extremisten jeder Couleur aus, sagte er. Die nutzten die Stadt aus Sicht des Verfassungsschutzes „als Experimentierfeld für neue Themen und Strategien.

Die Zahl der Salafisten stieg dabei gegenüber 2017 um 70 auf 1.020. Damit fiel der Anstieg zwar geringer aus als im Vorjahr, als diese Gruppe um 110 Personen gewachsen war. „Die schwindende Dynamik ist aber kein Grund für Entwarnung“, sagte Geisel. Die Gefährdungslage durch islamischen Terrorismus sei weiterhin hoch. Der Verfassungsschutz beobachtet weiter mehrere Moscheen.

Im rechtsextremen Spektrum gab es laut Bericht keinen Anstieg, sondern einen Rückgang um 20 Personen auf derzeit 1.410 Mitglieder. Geisel wies aber darauf hin, dass sich neben den neonazistischen Strukturen ein „dezidiert muslim- und fremdenfeindliches Netzwerk“ verfestigt habe, unter anderem aus dem Pegida-Ableger Bärgida: „Dieses Netzwerk ist mitverantwortlich für eine Verrohung des Diskurses.“ Linksextremisten zählt der Verfassungsschutz aktuell 3.140, 190 Personen mehr als im Vorjahr. Den Anstieg führt Geisel auf Mitgliederzuwachs beim Verein „Rote Hilfe“ zurück.

Grüne reagieren skeptisch

Wie viele zusätzliche Mitarbeiter er gerne für mehr Aufklärung hätte, ließ der Innensenator offen. Offiziell gab es auch keine Informationen über die aktuelle Stellenzahl: Dazu mache man keine Angaben, sagte Michael Fischer, der seit einem halben Jahr amtierende neue Chef des Berliner Verfassungsschutzes. Der ist anders als in anderen Bundesländern kein eigenständiges Landesamt, sondern eine Abteilung der Senatsverwaltung für Inneres.

Geisels Prognose, seine Koalitionspartner könnten über eine Personalaufstockung nicht glücklich sein, erwies sich als richtig. „Wir stehen dem grundsätzlich skeptisch gegenüber“, sagte die Abgeordnete June Tomiak der taz, Verfassungsschutz-Expertin der Grünen-Fraktion. Sie sei gerne bereit, sich Geisels Vorschläge anzuhören. Und dass radikaler Islamismus ein Problem darstelle, mochte sie auch nicht bestreiten. Man setze aber auf mehr Prävention: „Wir Grünen sind grundsätzlich nicht davon überzeugt, dass der Verfassungsschutz dabei das beste Instrument ist.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.