Islamophobie in Rumänien: Und dann die Apokalypse

Rassistische Hetze nimmt in Rumänien spürbar zu – vor allem Intellektuelle prophezeien Europas Untergang. Die muslimische Gemeinde wehrt sich.

Drei Männer beten in einer Moschee

Die islamische Gemeinde erklärt: „Die Muslime auf dem Territorium Rumäniens sind friedlich“ Foto: imago/Xinhua

BERLIN taz | „Unsere Epoche hat auffallend viele Ähnlichkeiten mit der des untergehenden Römischen Reichs. Europa geht unter, weil es seinen Glauben verloren hat, weil es seine christlichen Wurzeln verleugnet und nun auch noch zulässt, dass die europäische Ordnung von Millionen Migranten zertrampelt und ausgehöhlt wird.“

Diese apokalyptische Vorstellung vom Niedergang des Abendlandes entspricht haargenau der Sichtweise einer AfD oder Pegida sowie anderer Organisationen, die sich europaweit im Aufwind befinden. Die zitierten Äußerungen stammen allerdings aus einer Dankesrede, die Ana Blandiana vor einigen Tagen an der Universität von Cluj/Klausenburg hielt, die ihr den Titel eines Doktor honoris causa verliehen hatte. Einen Titel, mit dem die gleiche Universität übrigens 2010 auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für „ihre Verdienste um Europa“ auszeichnete.

Die Rede der bekannten Lyrikerin und Gründerin einer international gelobten Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus, Ana Blandiana, spiegelt allerdings eine schwelende islamophobe Hetze in Rumänien wider. Diese verbreitete hysterische Agitation, an der sich nicht nur evident fremdenfeindliche und nationalistische Organisationen beteiligen, sondern auch euroskeptische intellektuelle Meinungsmacher, löste eine breite Resonanz aus.

Der Überfall einer Gruppe von Jugendlichen auf zwei junge Frauen muslimischen Glaubens am vergangenen Donnerstag in Bukarest ist die sichtbare Spitze einer Stimmungslage, die zu kippen scheint. Den beiden Frauen wurden nicht nur die Kopftücher heruntergerissen, sondern sie wurden auch beschimpft, geschlagen und mit einem Messer verletzt.

„Gegen eine Spaltung der rumänischen Gesellschaft“

In einer Erklärung der islamischen Gemeinden Rumäniens heißt es, dass es in letzter Zeit bereits drei ähnliche Zwischenfälle gegeben habe, die jedoch nicht in derartigen Handgreiflichkeiten gipfelten. „Die Muslime auf dem Territorium Rumäniens sind friedlich, mehr als die Hälfte davon sind rumänische Staatsbürger, die hier geboren und erzogen wurden. Wir sind gegen eine Spaltung der rumänischen Gesellschaft und wünschen uns wie bisher ein friedliches Zusammenleben“, heißt es in der Erklärung der islamischen Gemeinden. Die Polizei soll inzwischen Ermittlungen gegen die nicht identifizierten Täter eingeleitet haben.

In Rumänien leben ungefähr 65.000 Muslime, viele an der Schwarzmeerküste

In Rumänien leben ungefähr 65.000 Muslime. Es handelt sich überwiegend um die Angehörigen der türkisch- und tatarischstämmigen Minderheit, die seit Jahrhunderten in der ans Schwarze Meer grenzenden Region lebt. In Bukarest leben zudem rund 10.000 Muslime, davon viele nach 1990 zugewanderte Geschäftsleute und Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und der Türkei.

Zusätzlichen Sprengstoff in der islamophoben Atmosphäre lieferte zuletzt der geplante Bau einer Moschee in Bukarest. Eine Gruppe militanter fundamentalistischer Nationalisten hatte bereits im Vorjahr mehrere spektakuläre Protestaktionen gegen den Moscheebau organisiert. Auf dem Grundstück, wo die Moschee errichtet werden soll, wurden Schweine ausgesetzt, die in den rot-gelb-blauen Farben der rumänischen Nationalflagge bepinselt waren. Ein orthodoxer Priester weihte im Rahmen einer makabren Zeremonie das Gelände ein und die Teilnehmer stellten mehrere Hundert Holzkreuze auf.

Nach dem Staatsbesuch von Präsident Klaus Johannis vor wenigen Tagen in der Türkei kündigte die gleiche Gruppe erneut Demonstrationen an, um den Moscheebau zu verhindern. Mehrere rechtsradikale Gruppierungen, darunter die Partei Vereintes Rumänien (PRU), bezichtigen Johannis des Verrats an den Interessen des rumänischen Volkes, weil er seinem türkischen Amtskollegen zugesichert habe, dem Moscheebau nicht verhindern zu wollen.

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