Israel, Kli­ma­ und Krieg: Die Feuerwehr als Brandstifter

Nach dem Unfalltod einer Berliner Radfahrerin beschuldigten viele vorschnell die „Letzte Generation“. Die hat jetzt mindestens eine Blockade frei.

Israels Ministerpräsident vor Israelfahnen

Benjamin Netanjahu wird wieder Ministerpräsident – Geht jetzt wieder alles von vorne los? Foto: Yonathan Sindel /imago

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

CSU fiebert von einer „Klima-RAF“.

Und was wird besser in dieser?

Das Wetter in Bayern.

Der Tod einer Berliner Radfahrerin wurde zu Unrecht Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen angelastet. Also: „Sorry, letzte Generation“?

Die Zündelei geht auf einen Pressesprecher der Berliner Feuerwehr zurück: Dr. Rolf Erbe. Auf seinem privaten Account feuert er schon länger gegen „Klima-Kleber“ und Gendersprache: „Das ist kein Deutsch.“ Diesmal nutzte er den offiziellen Twitterkanal der Feuerwehr und gab einen O-Ton in der RBB-„Abendschau“. Einmal in der Welt, standen allerhand beflissene Brandbeschleuniger von Bild bis Buschmann bereit. Und lederten und loderten los. Am Ende erwies sich die Spekulation als haltlos und die Feuerwehr als Brandstifter. Die „Letzte Generation“ entschuldigte sich schneller als die Feuerwehr bzw. als die Polizei erlaubt bzw. für gar nichts. Und roch Lunte: Ordentlich Medienschelte anbei. Leider – zu Recht. Rein rechnerisch hätten die AktivistInnen jetzt eine böse Blockade frei.

Vor allem in Ostdeutschland gehen wieder viele Unzufriedene auf die Straße. Sind Sie auch unzufrieden?

Die Ahnentafel des Unmuts reicht zurück bis zu den Protesten gegen die Hartz-Politik. Stammeltern sind die Selbsterzählungen im Osten, mit dem – völlig gerechten – Protest das SED-Regime gefällt und reichlich Gutes getan zu haben. Fiesel das mal einer auseinander! Im Westen gibt es eher Ermüdung am Schneckenfestival Demokratie, im Osten einen grundsympathischen Argwohn gegen „die da oben“. Ich bin, tut mir leid, zufrieden.

In der Schweiz hergestellte Munition für den Gepard-Panzer darf Deutschland nicht an die Ukraine liefern. Was läuft schief im Waffengeschäft?

Dass ausnahmsweise mal etwas funktioniert. Deutschland hat Vorbehalte des Grund- und Kriegswaffenkontrollgesetzes im Putschtempo geschleift. So, als wären diese Gesetze immer nur dagewesen für Zeiten, in denen man sie eh nicht braucht. Nun übernimmt die Schweiz die Aufgabe, Deutschland in der Nähe seiner tradierten Werte zu halten. Es ist ein schmutziger Job, aber einer muss es tun.

Die IAEA findet keine Hinweise auf von Russland angemahnte „schmutzige Bomben“ in der Ukraine. Wird dieser Krieg trotzdem immer schmutziger?

Ich kenne keinen sauberen Krieg. Allerdings erscheint im Angesicht dieser gruseligen Drohungen die Frage zulässig, wie es denn mal mit einem schmutzigen Frieden wäre.

Benjamin Netanjahu wird erneut Ministerpräsident. Geht jetzt alles von vorne los?

Nein, es wird schlimmer. Netanjahus absehbare Koalition gleicht personell einem Hochsicherheitstrakt mit handverlesenen Spitzenkriminellen. Er selbst steht wegen Korruption vor Gericht, die anderen Parteichefs sind vorbestraft. Durch die welke Blume gesagt: Wenn der amerikanische Glückwunsch mahnt, Israel möge in der demokratischen Wertegemeinschaft bleiben, liegen nicht mehr viele konziliante Textbausteine in der Schublade.

Wegen der hohen Gaspreise wurde eine Entlastung in Milliardenhöhe beschlossen. Wird die Regierung alle Adressen der Gas­kun­d*in­nen finden?

Drollig, dass man sich – eben noch Datenschutz und Bürgerrechten verpflichtet – heute diese Sorgen macht. Die plausible Wendung „gezielt helfen“ ist eine eher charmante Art, es damit auch mal gut sein zu lassen.

Kanzler Scholz meinte nach dem China-Besuch, Deutschland seien wirtschaftliche Beziehungen „auf Augenhöhe“ wichtig. Was meint er damit?

Zur Augenhöhe mit China fehlt Deutschland Wachstum. Also nicht Wachstum, sondern Wachstum. Scholz versucht, die Maus zu sein, die von guten Gesprächen mit dem Elefanten heimkehrt. Unterdes hat die Union vergessen, den nämlichen Spaß an Merkel zu kritisieren. Und die Grünen melden sich mit klar werteorientierter Außenpolitik aus dem Auenland. Es mag in Umfragen gut ankommen, den Kanzler zum Schrumpfschlumpf zu kritisieren. Außenpolitik ist es nicht.

Blaue Haken gibt's bei Twitter künftig nur gegen Geld. Zahlen Sie?

Twitter erweist sich immer wieder als Schlangengift unter den Diskursformen. Ich würde eher Geld anlegen, dort auch künftig nicht hinzumüssen.

Und was machen die Borussen?

Der Dortmunder Reyna riet dem Schiedsrichter nach einem heftigen Zweikampf, keinen Elfer gegen Bochum zu pfeifen. Das ist sehr fair, und außerdem landen solche Charaktere nie beim FC Bayern. Alles gut.

Fragen: Doris Akrap, Ann-Kathrin Leclère

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.