Israel-Palästina-Konflikt: Hamas-Zentrale zerbombt

In der Nacht zum Samstag hat Israel über 180 Luftangriffe auf den Gaza-Streifen geflogen. Dabei wurde das Regierungsgebäude schwer beschädigt. Die Hamas schwört Rache.

Hier steht nicht mehr: Die Reste des Bürogebäudes von Hamas-Führer Ismail Haniyeh. Bild: dapd

GAZA/TEL AVIV dpa | Die israelische Luftwaffe hat am frühen Samstagmorgen die Hamas-Zentrale in Gaza-Stadt zerbombt. Der mehrstöckige Regierungskomplex sei schwer beschädigt worden, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Gleichzeitig ging die Stationierung von Panzern im Grenzgebiet zu Gaza weiter.

Nach dem Solidaritätsbesuch des ägyptischen Ministerpräsidenten Hischam Kandil reiste am Vormittag auch Tunesiens Außenminister Rafik Abdel Salam in den Gazastreifen. Dort wollte er den Ministerpräsidenten der Hamas-Regierung, Ismail Hanija, treffen und sich bei einer kurzen Rundfahrt selbst ein Bild von den Zerstörungen durch israelische Luftangriffe machen. Trotz eindringlicher internationaler Appelle zur Mäßigung gab es keine Anzeichen für ein schnelles Ende der Gewalt.

Israel bombardiert seit Mittwoch Hunderte Ziele in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Allein in der Nacht zum Samstag seien mehr 180 Luftangriffe geflogen worden, erklärte das Militär am Morgen. Nach palästinensischen Angaben wurden in den frühen Morgenstunden mindestens zehn Menschen getötet. Ob es sich um Zivilisten oder Mitglieder militanter Gruppen handelte, blieb offen.

42 Tote, 350 Verletzte

Damit stieg die Zahl der palästinensischen Todesopfer seit dem Beginn der israelischen Offensive „Säule der Verteidigung“ auf 39; etwa 330 Menschen sollen verletzt worden sein. In Israel wurden drei Menschen durch eine Rakete aus dem Gazastreifen getötet und mehr als 20 verletzt.

Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas schwor „Rache für Tod und Schrecken, die die Besatzer über unsere Menschen bringen“. „Israel wird einen hohen Preis für seine Verbrechen zu zahlen haben“, hieß es in einer am Samstag verbreiteten Mitteilung des Hamas-Sprechers Sami Abu Suhri.

Die Korrespondentin des US-Senders CNN im Gazastreifen berichtete am Morgen von heftigen Explosionen. Die israelischen Streitkräfte würden Drohnen einsetzen – offenbar um Angriffsziele ausspähen. Auch die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, dass über Gaza-Stadt vermehrt Fluggeräusche von Drohnen zu hören gewesen seien.

Nach mehreren palästinensischen Raketenangriffen auf Tel Aviv war am Freitag erstmals eine Rakete aus dem Gazastreifen bei Jerusalem eingeschlagen. Eine israelische Bodenoffensive im Gazastreifen wird damit immer wahrscheinlicher. Israel will bis zu 75.000 Reservisten zu den Waffen rufen. Auch Panzer und anderes schweres Gerät seien in Marsch gesetzt. Israel hat nach eigenen Angaben seit Mittwoch mehr als 800 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Militante Palästinenser feuerten zeitgleich etwa 600 Raketen und Granaten Richtung Israel.

Westerwelle mahnt

Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief alle Seiten zu „Besonnenheit und Mäßigung“ auf. In einem Telefonat mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil El-Arabi, nannte der FDP-Politiker die Eskalation der Gewalt in Nahost äußerst besorgniserregend und eine zusätzliche Gefahr für die Stabilität der gesamten Region. Das teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.

Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sieht die Hauptverantwortung für die Gewalt nicht bei der Hamas. Verantwortlich seien die „extremistischen fundamentalistischen Gruppierungen“, die sich einen Machtkampf im Gazastreifen lieferten, sagte der Präsident der israelischen Gesellschaft für Außenpolitik am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Hamas und Ägypten hätten kein Interesse an einem Krieg. Auch Israel sei an einer Eskalation nicht interessiert, die Bevölkerung habe Angst vor Raketenbeschuss.

Die frühere israelische Außenministerin Tsipi Livni, die der oppositionellen Kadima-Partei angehört, warnte vor einer Spirale der Vergeltung. Man müsse bei solchen Einsätzen klare Ziele haben und wissen, wie man wieder herauskommt, sagte Livni dem Magazin Focus. „Wenn die Ziele nicht präzise definiert sind, gibt es einen Hang zur Zerstörung, der das Beenden der Aktion schwierig macht.“

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