Israel geht gegen Hamas vor: Hanijeh bietet Waffenstillstand an

Der militärische Konflikt zwischen Israel und der Hamas könnte paradoxerweise dazu beitragen, die Machthaber im Gazastreifen politisch einzubinden.

Ein palästinensischer Feuerwehrmann versucht einen Brand zu löschen, der nach einem israelischen Bombenangriff auf das Flüchtlingscamp Jabaliya ausgebrochen ist. Bild: dpa

KAIRO taz Es war das blutigste Wochenende im Gazastreifen seit Beginn der palästinensischen Intifada vor mehr als sieben Jahren. Mehr als siebzig Palästinenser, unter ihnen zahlreiche Zivilisten, sind den israelischen Bombardements zum Opfer gefallen. Die Regierung in Tel Aviv argumentiert, es handele sich bei der Offensive "Heißer Winter" um eine Selbstverteidigungsmaßnahme, man müsse dem Raketenbeschuss durch militante Palästinenser auf israelisches Gebiet Einhalt gebieten.

Ein Ende der Offensive ist nicht absehbar. "Nichts wird uns daran hindern, Einsätze zum Schutz unserer Bürger fortzuführen", erklärte der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bei einer Kabinettssitzung am Sonntag.

Der Chef des Hamas-Politbüros in Damaskus hat Israel gewarnt, im Falle einer Invasion in den Gazastreifen würden die Palästinenser "wie Löwen kämpfen". Doch es ist eine Erklärung des früheren Hamas-Ministerpräsidenten Ismael Hanijeh in Gaza, die aufhorchen lässt. Hanijeh bietet Israel einen Waffenstillstand an. Wenn Israel zuerst mit dem Bombardement aufhöre, werde Hamas folgen und die Raketenangriffe einstellen, umriss er den Deal. Als Antwort griff Israel am Wochenende den Amtssitz Hanijehs an. Dass die Hamas einen bedingungslosen Waffenstillstand anbietet, ist neu. Zuvor gingen solche Angebote stets mit anderen Forderungen einher, etwa einem Aufheben der israelischen Blockade gegen den Gazastreifen. Die neue Offerte zeigt, wie sehr die Hamas mit ihrer Raketenstrategie und der israelischen Offensive unter Druck geraten ist.

Dass Israel militärisch die Oberhand hat und die Hamas geschwächt hat, sollte Israel aber nicht zu falschen Schlussfolgerungen verleiten. Die Frage ist, welche politischen Ziele es mit dieser Offensive verfolgt. Geht es um eine Einstellung der palästinensischen Raketenangriffe, dann wäre es ratsam, das neue Hamas-Angebot genau zu studieren. Denn zu glauben, Hamas in die Knie bomben zu können, ist eine ähnliche Illusion, wie die Idee im Sommer 2006, die Hisbollah im Libanon militärisch zu zerstören. Die militärische Option wird für Israel nicht dazu führen, dass die Hamas als politischer und militärischer Faktor im Gazastreifen ausgeschaltet wird. Stattdessen könnten die neuen blutigen Ereignisse in Gaza, so paradox das klingen mag, eine Chance darstellen, die Hamas, ausgehend von einem Waffenstillstand, in einen politischen Prozess einzubinden.

Denn eines ist in den letzten Wochen klar geworden. Von der Idee eines Friedensprozesses ohne Hamas, wie es Israel und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen mit Washington in Annapolis anvisiert hatten, ist nur ein Scherbenhaufen übrig geblieben. "Ohne uns geht nichts", lautet denn auch die ultimative Botschaft der Hamas-Raketen. Sie haben Israel in ein Dilemma gestürzt - man kann nicht gegen einen Teil der Palästinensergebiete Krieg führen und einem anderen die Hand ausstrecken.

Jedes Fernsehbild von palästinensischen Kindern, die aus den Trümmern in Gaza geborgen werden, kratzt an der Legitimität von Verhandlungspartner Mahmud Abbas. "Das Westjordanland wird den Ereignissen in Gaza nicht lange zusehen", warnt die israelische Tageszeitung Haaretz und spricht bereits von einer möglichen dritten palästinensischen Intifada im Westjordanland. Ein solcher Aufstand, so das Blatt, "käme alles andere als überraschend".

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