Israel und USA uneins über Iran: „Meine Freunde, 2012 ist nicht 1944“

Israel zweifelt eine diplomatische Lösung des Atomstreits mit dem Iran an. Im Gespräch mit Obama betont Premier Netanjahu das Recht auf Selbstverteidigung und mahnt zur Eile.

Benjamin Netanjahu (l.) wirft einen skeptischen Blick auf Barack Obama. Bild: reuters

WASHINGTON dapd/rtr/dpa | Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Konflikts um das umstrittene iranische Atomprogramm offenbar verloren.

Bei einem Besuch in den USA zeigte er sich am Montag im Gespräch mit US-Präsident Barack Obama entschlossen, die Entwicklung von Nuklearwaffen im Iran mit allen Mitteln zu verhindern. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, sagte Netanjahu.

„Ich spiele nicht mit der Sicherheit des Staates Israel.“ Obama will den Konflikt mit Sanktionen und Diplomatie lösen. Wie die New York Times berichtete, sei es den beiden Politikern nicht gelungen, „grundlegende Differenzen“ zu überwinden. Einigkeit herrschte lediglich in der grundsätzlichen Feststellung, dass weder Israel noch die USA einen Iran mit Atomwaffen zulassen wollten.

Er versicherte aber, noch keine Entscheidung über einen Angriff auf iranische Atomanlagen getroffen zu haben. Allerdings fügte er mit Blick auf mögliche militärische Schritte gegen den Iran hinzu: „Niemand von uns kann es sich leisten, viel länger zu warten.“

Israel habe geduldig gewartet, dass Diplomatie und Sanktionen Wirkung zeigten, sagte Netanjahu in Washington vor Tausenden Anhängern der Lobbygruppe American Israel Public Affairs Committee. „Als Ministerpräsident von Israel werde ich mein Volk niemals bedroht von Vernichtung leben lassen“, sagte Netanjahu.

Bombardierung von Auschwitz „ineffektiv“

Das „American Israel Public Affairs Committee“ (Aipac) gilt als mächtigste Lobby israelischer Interessen in den USA. In der Organisation mit Sitz in Washington engagieren sich etwa 100.000 Aktivisten, Juden und Nicht-Juden, über Parteigrenzen hinweg für ein Ziel: die Festigung der Verbindungen beider Länder. Für viele Amerikaner ist die enge Partnerschaft gleichsam Staatsraison. Zu seinen mittelbaren und unmittelbaren Erfolgen zählt die massive finanzielle Unterstützung der USA für Israel in Höhe von jährlich etwa drei Milliarden Dollar, größtenteils als Militärhilfe.

Der Regierungschef trat seinen Kritikern entgegen, die für den Fall eines israelischen Angriffs auf die Atomanlagen im Iran vor schweren Vergeltungsschlägen warnten. Er zeigte dem Publikum die Kopie eines Schreibens des US-Kriegsministeriums auf dem Jahr 1944, in dem die jüdische Forderung nach einer Bombardierung des Konzentrationslagers Auschwitz abgelehnt wird, da ein Angriff „ineffektiv“ sei und die Deutschen noch weiter provozieren könnte.

"Meine Freunde, 2012 ist nicht 1944", sagte Netanjahu. „Heute haben wir unseren eigenen Staat. Und die Aufgabe des jüdischen Staates ist es, jüdisches Leben zu verteidigen und die jüdische Zukunft zu sichern.“

US-Präsident Barack Obama hatte sich zuvor bei einem Treffen mit Netanjahu im Weißen Haus für weitere diplomatische Anstrengungen und Sanktionen im Konflikt um Teherans Atomprogramm ausgesprochen. Allerdings würden die USA alle Optionen für den Fall in Betracht ziehen, dass sie mit dem für Washington inakzeptablen Umstand einer iranischen Bombe konfrontiert würden.

Netanjahu betonte die enge Verbindung beider Länder: „Israel und Amerika stehen zusammen.“ Allerdings müsse Israel auch „Herr seines eigenen Schicksals“ bleiben, fügte der israelische Regierungschef hinzu.

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