Istanbuler Büro geschlossen: Hauptsache gutes Geschäft

Berlin schließt seine Wirtschaftsrepräsentanz in Istanbul. Ein politisches Signal gegen das autoritäre türkische Regime? Leider nein.

Nicht mehr ganz so wichtig für Berlin: Das Istanbuler Finanzdistrikt Foto: dpa

Wo die Bundesregierung zaudert, geht Berlin mit gutem Beispiel voran, könnte man angesichts dieser Nachricht meinen: Die Hauptstadt schließt ihre Wirtschaftsrepräsentanz in Istanbul, gab Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) bekannt, das habe mit der „angespannten politischen Lage“ zu tun.

Vor anderthalb Jahren erst war die Wirtschaftsrepräsentanz, also ein Büro, in dem türkische Unternehmen ihre Berlin-Geschäfte anbahnen und Berliner Firmen in den türkischen Markt finden sollen, mit großem Tamtam eröffnet worden. Die Türkei sei ein wichtiger Handelspartner für die Berliner Wirtschaft, hieß es damals, nicht zuletzt aufgrund der vielen türkischen Firmen in Berlin. Es war die erste Wirtschaftsrepräsentanz, die Berlin überhaupt allein eröffnete.

Nun also die Kehrtwende. Ein deutliches Signal an das autoritäre Erdoğan-Regime und gleichzeitig an die progressiven Türkeistämmigen dieser Stadt? Wenn es die deutsche Regierung schon nicht schafft, endlich Sanktionen zu verhängen oder zumindest keine Abkommen mehr mit der türkischen Regierung zu schließen, dann kappt eben wenigstens Berlin seine offiziellen wirtschaftlichen Beziehungen? Wird Berlin in einem nächsten Schritt den türkischen ExilantInnen ein Begrüßungsgeld zahlen und ihnen kostenlose Räume überlassen für die Dependancen Istanbuler Clubs und Treffpunkte, die diese, so hört man, mittlerweile in Kreuzberg eröffnen? Subkulturelle Subversion statt Deals mit Diktatoren?

Mitnichten. Zwar ist die „angespannte politische Lage“ aus Berliner Sicht ein Problem – aber nur, so wird im zweiten Teil des Satzes deutlich, weil sie „die wirtschaftlichen Beziehungen beeinflusst“. Sprich: Die Geschäfte laufen einfach nicht so gut wie erwartet, ja offenbar laufen sie sogar so schlecht, dass sich selbst der eine Mitarbeiter der Wirtschaftsrepräsentanz – deren klangvoller Name möglicherweise ohnehin mehr Schein als Sein ist – nicht mehr lohnt. Deshalb schließt das Büro.

Ist aber auch gar nicht schlimm, denn Berlin hat bereits einen neuen starken Partner im Blick. Mit oppositionellen Rechten, Meinungsfreiheit und Schutz vor staatlicher Repression ist es da zwar auch nicht so weit her, aber umso besser, unter diesen Bedingungen Geschäfte anzubahnen hat man ja jetzt bereits geübt. Weitere Vorteile: Das Interesse an wirtschaftlichen Beziehungen dürfte beidseitig groß sein, der dortige Markt sogar noch größer und, nicht zu vergessen, man hat die Beziehungen bereits durch die Einfuhr zwar leider verhaltensgestörter, aber dadurch umso putziger anzuschauenden Tierchen gepflegt. Sie ahnen es: Im nächsten Jahr will Berlin eine Wirtschaftsrepräsentanz in Peking eröffnen. Viel Glück!

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