Italienisch-libysche Seepatrouillen: Gaddafi wacht über Europa

Unter libyschem Kommando haben im Mittelmeer gemeinsame italienisch-libysche Patrouillen zur Abwehr von Boat People aus Afrika begonnen.

Aus der Traum. Die aufgegriffenen Flüchtlinge werden direkt wieder nach Afrika gebracht. Bild: reuters

ROM taz | Seit gestern wehrt Italien Bootsflüchtlinge direkt vor Libyen ab. Drei Schnellboote mit gemischter italienisch-libyscher Besatzung nahmen ihre Arbeit auf.

Die Regierung Berlusconi hatte mit diesem Stichtag seit Monaten Propaganda gemacht: Der 15. Mai werde die Wende bringen, von da an würden die Überfahrten von Libyen Richtung Lampedusa endgültig unterbunden. Umso bizarrer mutet es an, dass jetzt die gemeinsamen Patrouillenfahrten unter Ausschluss der Öffentlichkeit beginnen.

Schon die feierliche Übergabe der drei Schiffe, von denen eines den Namen "Buonocore" (Gutes Herz) trägt, an Libyen am Donnerstag wurde nur kurz in den TV-Nachrichten gemeldet; den Tageszeitungen von links bis rechts war sie am gestrigen Freitag keine einzige Zeile wert.

Bekannt ist vorerst nur, dass die libyschen Besatzungsmitglieder zwei Wochen lang in Italien ausgebildet wurden und dass die drei Boote - drei weitere sollen folgen - in Tripolis von Beamten der italienischen Finanzpolizei gewartet werden. Ebenso werden italienische Finanzpolizisten an Bord sein.

"Unter voller Einhaltung der Gesetze genauso wie des EU-Gemeinschafts- und des internationalen Rechts" würden die Boote nun Schleuserschiffe jagen, versicherte der Kommandant der Finanzpolizei, Cosimo DArrigo.

Italienische Gerichte werden das jedoch kaum kontrollieren können: Die Schnellboote fahren unter libyscher Flagge und libyschem Kommando; sollten bei ihren Einsätzen Flüchtlinge gerettet und an Bord genommen werden, ist nur noch Libyen für sie zuständig.

Italien hat damit ein altes Ziel erreicht, über das rechts und links sich einig sind. Silvio Berlusconi hatte schon während seiner Regierungszeit von 2001 bis 2006 entsprechende Vereinbarungen mit Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi getroffen, die jedoch folgenlos blieben.

Aber erst die Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi schloss im Dezember 2007 mit der Regierung in Tripolis das Abkommen, das die gemeinsamen Patrouillenfahrten auf sechs von Italien zur Verfügung gestellten Schiffen vorsah. Zur Umsetzung davon zeigte al-Gaddafi sich erst bereit, nachdem wiederum Berlusconi im August 2008 einen Freundschaftsvertrag unterzeichnete.

Entsprechend unsicher zeigt sich nun die Opposition. Dario Franceschini, Chef der Demokratischen Partei, wetterte am Donnerstag im Parlament, die Rechtsregierung mache "Propaganda auf dem Rücken des Elends der Bootsflüchtlinge". Wichtige Granden seiner Partei wie Francesco Rutelli oder der Bürgermeister Turins, Sergio Chiamparino, erklärten sich hingegen einverstanden.

Bei der Flüchtlingsabwehr auf hoher See gehen die Menschenrechte baden. In der letzten Woche brachten italienische Schiffe mit Zustimmung Libyens über 500 Flüchtlinge nach ihrer Bergung auf See direkt nach Tripolis zurück. Der "Italienische Flüchtlingsrat" meldete gestern, einem seiner Anwälte sei es gelungen, in Tripolis von 24 solcherart abgeschobenen Eritreern und Somaliern Vollmachten zu erhalten, um Klage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einzureichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.