Jamaika im Saarland: Schwarz, Gelb und ordentlich Grün

CDU, FDP und Grüne zeigen sich bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages zufrieden. Daniel Cohn-Bendit lobt ihn, die linken Basisgrünen kritisieren ihn.

Zufriedene Gesichter in Saarbrücken: Ministerpräsident Peter Müller (CDU, M.), Hubert Ulrich (Grüne, l.), und Christoph Hartmann (FDP). Bild: ap

Seit Donnerstagnachmittag liegt er vor, der erste Koalitionsvertrag einer schwarz-gelb-grünen Landesregierung. Bei der Vorstellung des knapp hundert Seiten dicken Werks durch Peter Müller (CDU), Christoph Hartmann (FDP und Hubert Ulrich (Grüne) im Saarbrücker Landtag herrschte denn auch allgemeine Ausgelassenheit. In den Worten des grünen Landeschefs: "Freude pur" darüber, dass die Grundlage für eine "politische Premiere in Deutschland" - zwei Monate und fünf Tage nach der Wahl - endlich vorliege.

Auch beim Zuschnitt der acht Ministerien und der Nominierung der Minister und Staatssekretäre war man sich nachts zuvor einig geworden - offenbar ebenfalls zur allgemeinen Zufriedenheit. So freute sich FDP-Chef Hartmann darüber, dass die Liberalen ihre Wunschressorts Wirtschaft und Gesundheit bekommen haben. Mit Ulrich und Hartmann freute sich natürlich der alte und sehr wahrscheinlich bald neue saarländische Ministerpräsident Peter Müller, der von einem "ambitionierten Projekt" sprach. Und davon, dass jetzt an der Saar "ein neues Kapitel in der Parteiengeschichte der Bundesrepublik Deutschland aufgeschlagen" werde. Die Nagelprobe, nämlich Müllers Wahl zum Ministerpräsidenten, steht allerdings am Dienstag noch bevor.

Ulrich legte nochmals Wert auf die Feststellung, dass es seiner Partei in den Koalitionsverhandlungen gelungen sei, fast alle Wahlversprechen zu halten. Vor allem in der Bildungs- und Umweltpolitik habe man "Zeichen setzen" können. An der Saar werde es jetzt etwa ganz neue Schulformen und einen "echten Klimaschutz" geben. Und mit der promovierten Biologin Simone Peter habe man eine "renommierte Fachfrau" für das Umweltministerium gewinnen können, die noch dazu "aus den eigenen Reihen" komme. Man habe also "niemanden von außerhalb gebraucht". Diese gelte auch für den zweiten angehenden grünen Minister, den Gewerkschafter Klaus Kessler, der das Bildungsressort leiten soll.

Mit seiner Kabinettsliste überraschte Müller dann aber doch. Der Chef selbst beansprucht jetzt auch das Ressort Justiz für sich, das eigentlich CDU-Generalsekretär Stephan Toscani zufallen sollte. Dieser wird jetzt Innenminister. Insgesamt gehen vier Ministerien an die CDU (plus Justiz an Müller).

Mit Blick auf den Koalitionsparteitag am Sonntag sagte Ulrich dann noch, dass es der "Mangel an Vertrauen" in die Linke gewesen sei, der den Ausschlag für Jamaika gegeben habe. Und dass die Grünen vor der Wahl "nie versprochen" hätten, mit SPD und Linken ein Bündnis einzugehen.

Der deutsch-französische Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit, der Hubert Ulrich noch vor wenigen Wochen in der taz als "Mafioso" gescholten hatte, lobte nun dessen Personalpolitik: "Zwei linke Grüne zu Ministern zu machen, das ist schon sehr schlau. Damit fängt man die Kritik von links natürlich gut ab", sagte er der taz. Offensichtlich sei Müller den Grünen weit entgegengekommen. "Die Linken haben weniger Interesse, den Grünen Raum zu lassen", ergänzte er.

Eine ganze Reihe von Linken aus der Parteibasis sieht das offensichtlich anders. 211 Parteimitglieder aus der ganzen Republik, darunter einige Kreisvorsitzende, veröffentlichten am Donnerstag früh einen offenen Brief, in dem sie fordern, den saarländischen Landesparteitag, auf dem über den Koalitionsvertrag abgestimmt werden sollte, zu verschieben. Die Vorwürfe an Ulrich, dass dieser Delegierte kaltgestellt und bis kürzlich für den FDP-Unternehmer Hartmut Ostermann gearbeitet habe, gefährdeten den Ruf der Partei: "Das Zustandekommen einer Regierungsbeteiligung unter den obskuren Bedingungen der letzten Wochen würde die Grünen bundesweit auf Jahre beschädigen."

Der Bundesvorstand antwortete betont reserviert. Es gebe "sicher unterschiedliche Bewertungen" von Jamaika. Der Brief jedoch beruhe zum Teil auf falschen Vorwürfen. Über die Frage, was das Bündnis tauge, sei deshalb als "inhaltliche Auseinandersetzung" zu debattieren - also anhand des Koalitionsvertrags.

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