Jasmin Schwiers bei „Kommissar Stolberg“: Herzchen wird erwachsen

Jasmin Schwiers war abonniert auf romantische Komödien und Tochterrollen. Jetzt wird die Kölnerin neue Ermittlerin in der ZDF-Krimiserie „Kommissar Stolberg“.

Jasmin Schwiers, hier als Moderatorin des diesjährigen Semperopernballs in Dresden. Bild: imago/robert michael

Ein Italiener in Berlin-Kreuzberg: Jasmin Schwiers bestellt Tiramisu – aber erst, als sie ihr Gegenüber überredet hat mitzuessen. Und als ihr Gegenüber das zweite Glas Wein ordert, schließt sie sich an, obwohl ihr Glas Saftschorle noch fast halb voll ist.

Allein trinken müssen in ihrem Beisein noch nicht mal Journalisten. „Du sollst ja nicht schreiben, ich wäre eine Lusche“, sagt Jasmin Schwiers, mit der niemand lange per Sie bleibt.

So ist sie, die „Jasi“, wie ihre Freunde die 29-Jährige nennen: direkt, sozial, ein echtes Herzchen. Mutterwitz hat sie auch: Über ihre neue Rolle in der ZDF-Krimiserie „Kommissar Stolberg“, in der sie am Dienstag zum ersten Mal zu sehen ist, spricht sie mit Tiramisu-vollem Mund: Landau heiße die, Kriminaloberkommissarin Svenja Landau. „Wie ’Die dicken Kinder von Landau‘ “, ein Running Gag aus der Frühzeit der „Harald Schmidt Show“, „die Autoren dissen mich ja wohl ganz offensichtlich.“

Die Kölnerin Schwiers, geboren im belgischen Eupen, verbreitet gute Laune, manchmal ein wenig zwanghaft vielleicht, Rheinländerin halt, weil sie alles andere schlecht erträgt: „Ich bin ein totaler Harmoniemensch. Wenn ich mich wohlfühle, bin ich am produktivsten.“

Um 4.30 Uhr ist sie an diesem Junimorgen aufgestanden, um mit einem Schrankkoffertrolley voller bei Freundinnen zusammengeborgter Outfits nach Berlin zu fliegen. Den ganzen Tag über stand sie vor der Kamera von Fotograf Markus Nass, dessen Aufnahmen Schwiers im Idealfall auf das Cover einer Programmzeitschrift bringen. Eigentlich sei das gar nicht ihr Ding, das Rumgehopse vor der Fotokamera, sagt sie. Tatsächlich ist Schwiers so unbefangen wie Elvis auf der Bühne in Vegas – was erst recht auffällt, als sich der Interviewer auf ihre Einladung hin kurz mal mit ins Bild schiebt. Programmzeitschriften verkauft man mit diesen Bildern sicher nicht.

Ein einziges Strahlen

Obwohl sie mit dem ganzen Körper strahlen kann, hat Jasmin Schwiers sich Fotoshootings lange versperrt. Sie wollte spielen, das Posieren überließ sie anderen. „Ich habe versucht, mich bedeckt zu halten“, sagt Schwiers, die, obwohl sie schon seit 16 Jahren Filme dreht, erst seit etwa sechs Jahren eine Presseagentur hat. Mittlerweile macht den Job ihre beste Freundin. „Wenn ich zweisprachig aufgewachsen wäre und in, sagen wir, Schweden eine ganz tolle Karriere machen könnte und in Deutschland kennt mich kein Schwein, fände ich das wunderbar.“

Ein paar Mal im Jahr kommt Jasmin Schwiers nach Berlin zur Berlinale, zu Filmpremieren oder eben zu diesen Fotoaufnahmen, und das dann auch durchaus gern. Auf Partys geht sie selten als Erste. Aber hier leben? Nein, danke! „Ich liebe mein Leben in Köln“, sagt sie. „Die wenige Zeit, die ich dort verbringe, will ich bei meinen Freunden sein und nicht ständig nach Berlin fliegen, um dort irgendwelche roten Teppiche zu schmücken. Das wäre mir viel zu anstrengend.“

„Kommissar Stolberg“ ist schon allein daher ein Glücksfall für sie, denn gedreht wird die Serie, die in Düsseldorf spielt, größtenteils ausgerechnet in – Köln. Vier Folgen der aktuellen Staffel sind abgedreht, drei stehen noch aus. Wenn es im August weitergeht, ist Schluss mit dem „Kofferleben“, seit Frühjahr 2011 hat Schwiers fast durchgearbeitet. Gerade kommt sie aus Kassel zurück, wo sie einen Studentenfilm gedreht hat, ohne Bezahlung, bis zu 18 Stunden am Tag. Sie gebe aber die Hoffnung nicht auf, „dass in mein Leben noch mal ein bisschen Ruhe einkehrt. Der ’Stolberg‘ wird mir dabei helfen.“

Der arme Mann dürfte damit heillos überfordert sein, denn zu allem Überfluss führt Jasmin Schwiers auch noch eine „Fernehe“. Seit zwei Jahren ist sie mit Schauspielerkollege Jan van Weyde verheiratet, der unter der Woche in München die ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ dreht.

Keine Autogramme in Kreuzberg

Wenn Schwiers ausnahmsweise mal freihat, ist sie oft fast schon wieder auf dem Weg nach Bayern. „Ich stagniere nie.“ In ihrer kurzen Freizeit leitet sie ein musisch-kreatives Ferienlager für Kinder oder bastelt Fotoalben für Freundinnen. „Guck mal“, sagt sie mit mädchenhafter Begeisterung und präsentiert die sehr pastellfarbenen Ergebnisse auf ihrem iPhone.

Was für ihren Mann längst Routine ist, eine Serie mitzutragen, im Urlaub erkannt zu werden, ist eine relativ neue Erfahrung für Schwiers, bekannt geworden durch die RTL-Sitcom „Ritas Welt“ und diverse (romantische) Komödien. Denn obwohl sie schon mehr als die Hälfte ihres Lebens vor der Kamera steht und es sich leisten kann, auch mal ohne Bezahlung zu arbeiten oder Rollenangebote abzulehnen, will beim Italiener in Kreuzberg niemand ein Autogramm von ihr.

Der große Karrieresprung, er hat auf sich warten lassen. Bis jetzt. „Wenn eine Rolle wirklich für dich bestimmt ist, dann kriegst du sie auch“, ist sie überzeugt. „Ohne diese Zuversicht wäre ich ein Wrack in meinem Beruf.“

Schwiers stand schon mal kurz vor dem großen Durchbruch, für diese eine wichtige Rolle wurde dann aber eine Kollegin besetzt. „Früher dachte ich bei Castings: Möge die Bessere gewinnen. Heute weiß ich, dass längst nicht immer die Bessere gewinnt, sondern manchmal schlicht die Bekanntere.“

Sie sei natürlich auch nicht frei von Neid auf den Erfolg anderer, aber: „Missgunst ist eine zerstörerische Kraft, die dich nur schwächt. Als Schauspieler brauchst du aber alle Stärke, die du kriegen kannst, weil du so ein unstetes Leben führst; um gut zu spielen, aber in dir ruhen musst.“ Und überhaupt: „Nur weil es bei der, sagen wir, Nora Tschirner noch besser läuft, läuft es ja bei mir nicht schlechter.“ Jeder verfolge seinen eigenen Weg. „Vergleiche sind Gift.“

Kein Sterntaler

Klar sei sie stolz auf das Erreichte, sagt Schwiers. „Ich bin nicht der Sterntaler, dem alles in den Schoß fällt, ich arbeite sehr hart.“ Aber das Gefühl, sich diesen Erfolg verdient zu haben, sei ihr fremd. „Das wäre mir zu wenig demütig.“ Erfolg könne man nicht einfordern. „Ich kenne so viele Kollegen, die sehr gut spielen, aber nicht besetzt werden.“

„Luxus“ ist ein Wort, das Jasmin Schwiers häufig gebraucht, etwa wenn sie davon erzählt, wie sie ihre Figur aus „Kommissar Stolberg“ von Folge zu Folge entwickeln kann und nicht wie bei Einzelfilmen gezwungen ist, schon bei Drehstart genau zu wissen, wen sie da spielt: „Mit jedem Buch wird sie weiter geformt.“ Was feststeht: Kernig sei Landau, unangepasst, „eine kleine Schimanskine“.

Bei der Vorbereitung auf die Rolle hat Schwiers ihre Cousine geholfen, die bei der Kripo in Aachen arbeitet. Der Rundgang dort habe ihr ein gutes Gefühl für die Atmosphäre in so einem Kommissariat gegeben – wie sieht es da aus („wie aufm Amt halt, nicht so farbkonzeptig wie im ’Tatort‘ “), wie gehen die Polizisten miteinander um („sehr kollegial, die meisten duzen sich“). Schauspiel sei letztlich immer Behauptung, sagt sie, „und es fällt leichter zu behaupten, wenn man sich ein bisschen mit der Materie vertraut gemacht hat“.

Nicht nochmal das Erste Mal

Als Landau bei ihrem ersten Einsatz im neuen Team einen Räuber stoppen will, der Kommissar Stolberg (Rudolf Kowalski) mit der Waffe bedroht, zielt sie auf den Torso – wie es auch ihre Cousine tun würde. „Ich dachte auch, man schießt erst mal ins Bein, aber das zu treffen ist viel zu vage.“ Für Schwiers ist es eine krasse Vorstellung, wirklich in solche Situationen geraten zu können. „Ist schon ’ne taffe Braut, meine Cousine“, sagt sie, „die verlässt ihr Büro nie ohne Waffe.“

Wie ihre Cousine ist auch diese Svenja Landau „mündig“, wie Schwiers es etwas weihevoll nennt. Kein Wunder, hat sie doch lange genug auf solche Rollen gewartet. Das ist der eigentliche Triumph an „Kommissar Stolberg“: Sie darf darin so erwachsen sein, wie sie selbst längst ist. Wegen ihrer „guten Gene“ war Schwiers ewig abonniert auf Töchter, Abiturientinnen, Teenage Mums, solche Rollen. „Es ist toll zu merken, dass die Angebote endlich mitwachsen“, sagt sie. „Das erste Mal will ich nicht noch mal spielen müssen.“

Ihre Hoffnung ist, dass es jetzt so weitergeht. Der wohl wichtigste Film für Schwiers war „Uns trennt das Leben“, ausgestrahlt im April, in dem sie eine Mutter spielt, die ihre Tochter verliert. „Drama ist nicht unbedingt das Genre, aus dem ich komme“, sagte sie im März beim ersten Treffen in einem Kölner Café, „umso mehr hat es mich gefreut, dass mir zugetraut wurde, diesen Schmerzhorizont wenigstens zu erahnen.“

Nach den Dreharbeiten zu „Uns trennt das Leben“ zog Jasmin Schwiers weiter zum Otto-Film, Faxen machen. „Ich bin ein Chamäleon – schreib doch das“, sagte Schwiers in dem Kölner Café. Nur Drama? Nein, danke!

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