Jazz in Hamburg: Viel Ehre, kaum Geld

Nachdem im Stellwerk die Betreiber gewechselt haben, gibt es nur noch zwei reine Jazzclubs in Hamburg. Dabei würde sich die Stadt gerne als Jazzstadt verkaufen.

Als der Jazzclub noch das Stellwerk betrieb: Auftritt von Jessica Gall und Band. Bild: Jörg-Martin Schulze

Hamburg hat seit 1. Januar einen Jazzclub weniger, aber die Zahl der Musikclubs der Stadt ist gleich geblieben. So lässt sich der Betreiberwechsel im Stellwerk im Harburger Bahnhof zusammenfassen. Zurückgezogen hat sich der Verein, der den Jazzclub im Stellwerk betrieb. Ab sofort wollen die neuen Betreiber aus dem Umfeld der Initiative Grossstatttraum die Location mit einem neuen Konzept bespielen: Jazz gibt's dann nur noch ab und zu, dafür soll ein breites Musikprogramm Besucher auch aus der Hamburger Innenstadt anziehen.

Ferner sind Theateraufführungen in dem ehemaligen Bahner-Hörsaal im Bahnhof Harburg geplant. Bewährtes aus der Vergangenheit bleibt bestehen: Comedy-Shows, Poetry-Slams und Filmabende hatte das Stellwerk schon in den vergangenen Jahren etabliert, zwischen den Auftritten lokaler Jazzmusiker und Gastspielen international bekannter Namen wie Gunter Hampel, Aldo Romano, dem Pablo-Held-Trio oder Pee Wee Ellis.

Seit der Eröffnung 2005 des Jazzclubs im Stellwerk kamen immerhin über 800 Konzerte zustande. Doch die Geschichte des Jazzclubs handelt nicht nur von einem engagierten Kulturverein, sie ist auch die Geschichte von Selbstausbeutung und ausbleibender Anerkennung. "Wir haben uns schließlich gefragt, ob wir den Mietvertrag verlängern sollen", sagt Heiko Langanke vom alten Vereinsvorstand. Im Dezember gab der Jazzclub seinen Rückzug bekannt.

Erst im Sommer hatten die Toiletten renoviert werden müssen. Am Ende gab es sogar einen Zuschuss der Stadt. Doch der deckte nicht die Kosten und kam erst nach zähen Verhandlungen zustande. "Das hat uns viel Publikum gekostet", bilanziert Langanke. Und wohl auch das Vertrauen in die eigene Zukunft. Denn die Einnahmen des Jazzclubs reichten kaum, um etwa gastierende MusikerInnen vernünftig unterzubringen und zu bewirten. Statt Gagen konnten nur Anteile aus den Abendeinnahmen gezahlt werden. Für Renovierungen oder neue Möbel blieb nichts übrig.

Dass im November die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft einen Antrag zum Jazz in Hamburg einbrachte, der "aktuellen Handlungsbedarf für die Clubszene" sah, änderte daran wenig. Zwar wird in dem Papier unter anderem vorgeschlagen, gerade auch "Jazzprogrammschienen in Subkulturkontexten (Hafenbahnhof, Bar 227 u. a. m.)" zu unterstützen, beschlossen wurde aber vor allem die Stärkung etablierter Institutionen. So wurde beispielsweise der Etat des Jazzbüros um ein gutes Drittel aufgestockt, damit es verstärkt Hamburger MusikerInnen in internationale Austauschprogramme vermitteln kann. Die drei Festivals "Jazz Open", "Überjazz" und "Elbjazz" bekamen Fördermittel von insgesamt 51.000 Euro bewilligt.

Auch für "Jazzclubs und Off-Venues" sieht der Senat Unterstützung vor - doch die kommt nicht nur für das Stellwerk zu spät. "Die Schließung des Clubs zeigt, dass die Maßnahmen, die die SPD jetzt getroffen hat, zu kurz greifen", kritisiert Christa Goetsch (GAL). "Die zusätzlichen 15.000 Euro zur Förderung von kleineren Jazzreihen bieten keine Perspektiven für die Clubs." Reine Jazzclubs gibt es jetzt mit dem Birdland und dem Cotton Club nur noch zwei in Hamburg. Spielstätten, an denen auch Jazz läuft, dürfte es über 30 geben. Richtig Geld wird wohl noch an anderer Stelle gebraucht: Man solle doch den "Echo Jazz" ab 2012 nach Hamburg holen, beschloss die Bürgerschaft. Die Musikpreis-Gala mit TV-Übertragung wäre ein schönes Stück Symbolpolitik: Hamburg liebt den Jazz. Eine lebendige Jazzszene, wie sie sich der Bürgerschaftsantrag erträumt, benötigt allerdings ganz konkret Treffpunkte.

Das Eppendorfer Café "Hadley's" von Tina Heine war mal so einer. Die Live-Musik-Abende dort sind längst abgesagt, wegen Anwohnerbeschwerden. Heine hat sich inzwischen etwas Neues überlegt: mit der Event-Managerin Nina Sauer erfand sie 2010 das "Elbjazz"-Festival. Das war in Hamburg einfacher zu realisieren als eine offene Bühne im eigenen Lokal.

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