Jean-Claude Juncker in Athen: Zeichen für Griechenland

Mit großen Erwartungen wird der künftige Chef der EU-Kommission empfangen. Die wichtigen Entscheidungen fallen aber erst im nächsten Monat.

Wird in Athen freudig empfangen: der künftige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Bild: ap

ATHEN taz | Offenbar beruht die Zuneigung auf Gegenseitigkeit: Voller Freude fiel Jean-Claude Juncker direkt nach seiner Ankunft im Athener Regierungssitz dem strahlend lächelnden Gastgeber in die Arme. Antonis Samaras sei ein „Freund und Bruder“, erklärte er.

Ausgerechnet beim ersten Besuch seit seiner Wahl zum Präsidenten der EU-Kommission kommt Juncker nach Griechenland. Das sei ein Zeichen der Unterstützung für das krisengebeutelte Land, hatte er bereits im Vorfeld verlauten lassen.

In der Tat sei es eine Ehre für Griechenland, dass „der erste gewählte Präsident der EU-Kommission seine Hauptstadttour in Athen beginnt“, erklärte Samaras nach einem 90-minütigen Gespräch mit Juncker. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz pochte der griechische Regierungschef immer wieder auf die Notwendigkeit, das Wirtschaftswachstum im Euroraum anzukurbeln, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die „sozialen Folgen“ der Wirtschaftspolitik im Auge zu behalten. Derartiges sei noch vor zwei oder drei Jahren als kühn empfunden worden, gehöre aber mittlerweile wie selbstverständlich zum Arbeitsprogramm von Juncker, lobte Samaras. Eine Andeutung, dass die EU-Politik gegenüber Griechenland neu justiert wird?

Das wäre jedenfalls im Sinne von Samaras, der auf eine Neuregelung der griechischen Schulden drängt, am besten noch bis Ende 2014. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Schon am 3. September findet das nächste Treffen der griechischen Regierung mit der aus EU-Kommission, IWF und EZB bestehenden Troika statt – und zwar nicht, wie bisher üblich, in Athen, sondern im fernen Paris. Die für gewöhnlich gut informierte Athener Tageszeitung Ethnos vermutet, dass es bei diesem Treffen um viel mehr gehen könnte als nur um die übliche Troika-Prüfung der griechischen Reformbemühungen. Es wäre nämlich eine gute Gelegenheit, sich fernab der Öffentlichkeit über eine Schuldenregelung auszutauschen.

Keine Enttäuschung für Avramopoulos

Und noch einen wichtigen Punkt wollte der griechische Regierungschef bei dem hohen Gast ansprechen: Sein Verteidigungsminister Dimitris Avramopoulos, der aller Voraussicht nach neuer griechischer EU-Kommissar wird, möchte möglichst prestigeträchtige Aufgaben übernehmen. Jean-Claude Juncker äußerte Verständnis, wollte jedoch nicht konkret werden: „Sie werden jedenfalls nicht enttäuscht“, versprach er. Dass ausgerechnet Avramopoulos nach Brüssel zieht, war ein überraschender Schachzug von Samaras. Lange Zeit wurde die ehemalige Außenministerin Dora Bakoyannis als Favorit für einen Brüsseler Posten gehandelt, zumal Juncker möglichst viele Frauen für die neue EU-Kommission gewinnen wollte.

Samaras hat seine einstige innerparteiliche Rivalin dennoch ausgemustert. Aber vielleicht war das pure Notwehr: Der populäre und außenpolitisch erfahrene Avramopoulos gilt als Favorit für die Nachfolge von Samaras und Anführer der innerparteilichen Opposition. Dass er nach Brüssel weggelobt wird, kommt wohl auch Samaras entgegen.

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