Jemenitische Nobelpreisträgerin Karman: Ausdauernd, widerspenstig

Jemens Regime hat vieles versucht, um Tawakkul Karman ruhig zu stellen. Ohne Erfolg. Zurzeit lebt sie auf dem Uni-Platz in Sanaa, um Demokratie einfordern.

Tawakkul Karman auf einer Demo gegen den Präsidenten Ali Abdullah Saleh. Bild: dapd

Es ist bezeichnend, dass im jemenitischen Staatsfernsehen die Verleihung des Friedensnobelpreises 2011 einfach ausgefallen ist, obwohl eine der Preisträgerinnen Jemenitin ist. Doch die Demokratie-Aktivistin Tawakkul Karman ist dem jemenitischen Regime und dessen Präsidenten Abdullah Saleh schon seit Monaten ein Dorn im Auge.

Man hat alles versucht: Zweimal wurde die 32-jährige Mutter von drei Kindern festgenommen. Mehrmals hat sie Todesdrohungen erhalten, und auch mit einem Regierungsamt hat man sie zu locken versucht. Sie ist nicht darauf eingegangen.

Die Nachricht vom Friedensnobelpreis erreichte sie an jenem Ort, an dem sie nun seit Monaten lebt, einem Platz vor der Universität der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, auf dem die Demonstranten ihre Zelte aufgeschlagen haben und den sie den "Platz der Veränderung" nennen.

Stellvertetend für die Bewegung des Arabischen Frühlings

Dort wurde sie gleich nach Bekanntwerden der Zuerkennung des Preises gefeiert. Karman wurde wohl stellvertretend für die gesamte Bewegung des Arabischen Frühlings ausgewählt. "Ich stifte meinen Preis den Jugendlichen und Frauen in Tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien und natürlich auch im Jemen", erklärte sie in einem ersten Interview des Fernsehsenders al-Dschasira.

Karman ist für ihr Land in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Geboren in der jemenitischen Stadt Taiz als Tochter einer betuchten Familie, studierte sie an der Universität Sanaa Psychologie. Später trat sie der islamistischen Oppositionspartei Islah bei. Seit 2007 macht sich die widerspenstige Aktivistin einen Namen durch Sit-ins für Pressefreiheit oder Menschenrechte vor dem Kabinett. Später begann sie als Journalistin zu arbeiten und gründete die Organisation "Journalistinnen ohne Ketten".

Gegenkonzept zu al-Qaida

Seit Beginn des Aufstands gegen Präsident Saleh ist für das konservative islamische Land Jemen mit Karman ausgerechnet eine Frau zu einem der führenden Köpfe der meist jugendlichen Aufständischen geworden. Oft war sie in den letzten Monaten vor dem Innenministerium zu sehen, weil sie wieder einmal versuchte, die Freilassung von verhafteten Studenten zu erlangen.

Anschließend geht sie meist erfolglos nach Hause, um sich zwischendrin um ihre Kinder zu kümmern. Die, so erzählt Karman, schickten sie immer wieder zurück auf den "Platz der Veränderung", weil sie dort jetzt dringender gebraucht werde. In ihrem Büro hängen Porträts von Martin Luther King, Mahatma Gandhi und Nelson Mandela.

Sie legt Wert darauf, dass die Aufständischen dabei bleiben wollen, mit friedlichen Mitteln zu demonstrieren. Damit verkörpert sie eine Art Gegenkonzept zu al-Qaida, dem Terrornetzwerk, mit dem der Jemen meist in Verbindung gebracht wird. "Die internationale Gemeinschaft unterstützt mit den arabischen Diktatoren die Falschen, wenn sie Extremismus einschränken will", meint Karman.

Karman, Mitglied einer islamistischen Partei, ist auch eine Wegbereiterin für die Frauen des Landes. Bei einer Menschenrechtskonferenz vor sieben Jahren nahm Karman einfach ihren Gesichtsschleier ab und hielt ihr Referat erstmals in ihrem erwachsenen Leben in der Öffentlichkeit mit ihrem Gesicht sichtbar. Heute tritt sie nur mit einem geblümten Kopftuch auf.

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