Journalist in Mexiko ermordet: Kopfschuss wegen Kritik?

Rubén Espinosa war wegen Morddrohungen nach Mexiko-Stadt gezogen. Nun wurde er dort erschossen aufgefunden – mit vier anderen.

Eine Person hält eine Maske mit dem aufgemalten Gesicht von Ruben Espinosa und eine weiße Rose

Aus Angst geflohen und doch ermordet: Rubén Espinosa. Foto: reuters

BERLIN taz | Erst vor einem Monat war der Fotograf Rubén Espinosa aus dem Bundesstaat Veracruz nach Mexiko-Stadt umgezogen. Die Hauptstadt galt bislang als recht sicher – viele JournalistInnen, die aufgrund ihrer Arbeit in den Provinzen um ihr Leben fürchten müssen, tauchen irgendwann in der Hauptstadt unter. Für Rubén Espinosa hat der Ortswechsel nicht gereicht. Am Sonntag gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass es sich bei einer der fünf in einer Wohnung der Hauptstadt am Samstag ermordet aufgefundenen Personen um den 31-jährigen Fotografen handelt.

Espinosa hatte in Veracruz unter anderem für das bekannte Wochenmagazin Proceso gearbeitet. Hauptthema seiner Fotografie waren soziale Bewegungen. Er hatte Proteste gegen den Gouverneur der Regierungspartei PRI, Javier Duarte, dokumentiert, hatte Polizeiübergriffe mit der Kamera festgehalten und sich aktiv an Journalisten-Kampagnen gegen die Einschüchterung und Ermordung von Pressevertretern beteiligt.

m Juni hatte er Veracruz verlassen, nachdem er sicher war, sowohl vor seinem Haus und vor seiner Arbeitsstelle als auch unterwegs bei Recherchen überwacht zu werden. Auch sei er mehrfach mit dem Tod bedroht worden – seiner Überzeugung nach von Polizisten in Zivil.

Für Journalistenorganisationen ist die Verantwortung für den Mord klar – noch am Sonntag kam es in mehreren Bundesstaaten zu kleineren Demonstrationen für die Pressefreiheit und gegen Gouverneur Javier Duarte. Der hatte bei einer Pressekonferenz einmal die anwesenden Medienvertreter gewarnt, sich „anständig zu benehmen“.

Allein während seiner Amtszeit wurden seit 2012 in Veracruz ein Dutzend Journalisten ermordet, berichtet die internationale Journalistenschutzorganisation Article 19 – das ist sogar für Mexiko ein Rekord. Kein einziger dieser Fälle wurde aufgeklärt, Schutz wurde verweigert.

Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Doch die Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall Espinosa in alle Richtungen. Allen fünf Opfern war mit einer 9-Millimeter-Waffe in den Kopf geschossen worden, alle zeigten Spuren schwerer Misshandlung. Espinosa war nach Aussagen von Angehörigen, die die Leiche identifizierten, außerdem noch zweimal in die Brust geschossen worden.

Die vier Frauen – darunter eine Freundin und studentische Aktivistin, zu deren Party Espinosa in die Wohnung eingeladen war – wurden laut Polizeiangaben vor ihrem Tod vergewaltigt. Auch sei die Wohnung ausgeraubt worden, weshalb offiziell gemutmaßt wird, Espinosa sei einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.

Dagegen spricht die Statistik. Auf dem amerikanischen Kontinent ist Mexiko das gefährlichste Land für Journalisten. 227 Angriffe auf Journalisten verzeichnet Article 19 im ersten Halbjahr 2015. Espinosa ist der siebte Journalist, der in diesem Jahr ermordet wurde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.