Jugendserien im deutschen TV: Endlich gutes Fernsehen für alle

Serien mit jungen Protagonisten sind in Deutschland sehr erfolgreich – auch bei Erwachsenen. Das zeigt nicht nur der „Club der roten Bänder“.

Die HauptdarstellerInnen von Club der roten Bänder

Der Cast von „Club der roten Bänder“ Foto: VOX/Martin Rottenkolbe

Vor zwei Jahren sorgte der Kölner Fernsehsender VOX für eine Überraschung im deutschen Serienfernsehen. RTL fiel gerade mit der von Kritikern zwar viel gelobten und bereits vor dem deutschen TV-Start im US-Fernsehen ausgestrahlten Vorzeige-Produktion „Deutschland 83“ quotentechnisch durch. Das schien ein weiteres Mal zu bestätigen, dass sogenannte Qualitätsserien zur Hauptsendezeit kein großes Publikum finden. Doch ausgerechnet der kleine Geschwistersender VOX überzeugt mit seiner ersten fiktionalen Eigenproduktion „Club der roten Bänder“ nicht nur Kritiker, sondern fuhr auch ausgezeichnete Quoten ein, die mit der zweiten Staffel im Folgejahr sogar weiter stiegen.

Eines der Alleinstellungsmerkmale ist, dass in dieser Krankenhausserie eben nicht Ärzte und Pfleger im Mittelpunkt stehen, sondern die schwerkranken jugendlichen Patienten und ihre Freundschaft untereinander. Die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf haben die Serie entsprechend dem katalanischen Vorbild „Polseres vermelles“ adaptiert. Dass es „Club der roten Bänder“ trotz der Themenschwere schafft, eine gleichermaßen dramatische wie auch lustige Geschichte zu erzählen, ist ein weiteres Merkmal.

Doch wer sie deswegen „nur“ als Jugendserie abqualifiziert, liegt daneben. Natürlich wird hier eine junge Zielgruppe angesprochen, doch zeigt die Serie vor allem, dass im deutschen Fernsehen immer noch generationenübergreifend erzählt werden kann, wenn es denn gut und originell geschieht. „Es ist unserer Meinung nach viel relevanter, ob Thema, Geschichte und vor allem die Emotionen stimmen, als dass das Alter der Figuren und der Zuschauer unbedingt übereinstimmen muss“, sagen Nolting und Scharf. „Wenn das Problem einer Figur stark und nachvollziehbar und spannend erzählt ist, kann ich mich als Zuschauer damit identifizieren und mitbangen.“

Tatsächlich hat sich diese Meinung für die Branche mittlerweile im großen Stil bestätigt. So hatte man beim Streaming-Portal Netflix im Vorfeld kaum mit dem riesigen Erfolg seiner Mystery-Serie „Stranger Things“ gerechnet, die ihre Geschichte im 80er-Retro-Look ebenfalls überwiegend aus der Sicht einer Gruppe sehr junger Figuren erzählt. „Mit den jungen Hauptdarstellern haben wir ja quasi Experten an unserer Seite, mit denen wir Text und Dialog auf Frische und Authentizität überprüfen können“, sagt das Autorenteam Nolting/Scharf. „Wichtig ist uns auch, sich sprachlich nicht zu arg einer wie auch immer gerasterten ‚Jugendsprache‘ anzudienen, das wirkt halt wahnsinnig schnell aufgesetzt.“

Diese Ehrlichkeit nimmt man weiterhin ernst. So haben Sender, Produktion und Autoren entschieden, die Geschichte nach der nun anlaufenden dritten Staffel nicht fortsetzen zu wollen, da sie an ihrem natürlichen Ende angelangt sei. Auch das sorgt für Glaubwürdigkeit.

Die letzten zehn Folgen von „Club der roten Bänder“ laufen ab dem 13.11. bei VOX. Die Serien „Wishlist“ und „Girl Cave“ sind auf funk.net und YouTube zu finden.

Dass es in Deutschland immer mehr gelungene junge Formate gibt, die es schaffen, überzeugende und zeitgemäße Serienstoffe zu erzählen, zeigt auch das öffentlich-rechtliche Jugendangebot Funk. Der Mystery-Thriller „Wishlist“, für den der Aufraggeber Radio Bremen auf das Konzept einer Gruppe YouTuber aus Wuppertal zurückgriff und auch die gesamte Umsetzung den jungen Filmemachern überließ, wurde bereits mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Grimme-Preis und dem Webvideopreis ausgezeichnet und ist auch abruftechnisch einer der Hits von Funk. Hier laufen auch die acht Folgen von „Girl Cave“, eine wunderbar nerdige Geschichte aus der Sicht dreier Schülerinnen in einer öden Kleinstadt auf dem Weg zum Erwachsenwerden. „Girl Cave“-Produzent Memo Jeftic weiß, dass sich mit Coming-of-Age-Geschichten wie dieser halt nicht nur die direkt Betroffenen angesprochen fühlen: „Es sind eben auch Themen, die uns ein Leben lang begleiten werden.“

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