Juso-Chefin bekommt kein Mandat: Sie eckt in der SPD an

Alles nur Regionalproporz. Nach der Parteitag-Pleite in Bayern muss die unbequeme Johanna Uekermann ihre Zukunft in der SPD überdenken.

Johanna Uekermann

Mieses Wochenende: Johanna Uekermann auf dem Landesparteitag in Nürnberg Foto: dpa

BERLIN taz | Johanna Uekermann klingt am Telefon am Sonntag frustriert und ein bisschen verblüfft, als könne sie selbst noch nicht glauben, was da passiert ist. „Ich glaube, dass von dieser Entscheidung ein fatales Signal ausgeht“, sagt die Juso-Vorsitzende. „Es zählt nicht, was man kann oder wofür man steht.“ Stattdessen gehe es ausschließlich um Regionalproporz. Das, sagt Uekermann, schade der gesamten SPD.

Johanna Uekermann, 29 Jahre, aufgewachsen in Straubing, Bayern, gilt als Nachwuchshoffnung des linken SPD-Flügels. Die Juso-Chefin beherrscht die Kunst zugespitzter Interviews, sie kämpft für die Vermögensteuer, für Rot-Rot-Grün im Bund und sie hat keine Angst vor den Großkopferten in ihrer Partei. Doch die SPD in Bayern hat den Aufstieg des ehrgeizigen Talents vorerst gestoppt: Die Mehrheit der Delegierten verwehrte Uekermann auf dem Landesparteitag am Samstag einen sicheren Listenplatz für den Bundestag.

Uekermann fiel in zwei Abstimmungen durch und landete auf Platz 26. Damit hat sie wohl keine Chance mehr auf ein Mandat im Bundestag 2017. Im Moment sitzen 22 SPD-Abgeordnete aus Bayern im Parlament, und es gilt als unwahrscheinlich, dass die SPD bei der nächsten Wahl ein deutlich stärkeres Ergebnis erzielt als 2013.

Für Uekermann, die als Referentin für Europafragen im Büro von Fraktionsvize Axel Schäfer arbeitet, platzt damit ein Traum, auf den sie lange hinarbeitete. Die bayerischen Jusos hatten vor dem Parteitag gefordert, sie müsse einen der ersten fünf Listenplätze bekommen. Den Ausschlag gaben am Ende aber Ansprüche der sieben SPD-Bezirke und ihrer Chefs, hieß es am Sonntag in Kreisen der Landes-SPD. Uekermann kommt aus Niederbayern, einem Bezirk, der schon drei Bundestagsabgeordnete stellt – Landeschef Florian Pronold, Christian Flisek und Rita Hagl-Kehl. Noch einen sicheren Listenplatz wollten die anderen Bezirke den Niederbayern nicht zugestehen.

Mit linker Kritik profiliert

Uekermann eckte in der SPD immer wieder an, indem sie die Jusos als Opposition zur Bundespartei positionierte. Als SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Partei 2013 in eine Große Koalition führte, warben die Jusos für Rot-Rot-Grün. Uekermann profilierte sich seither mit linker Kritik, sei es in der Griechenlandkrise, bei der Vorratsdatenspeicherung oder dem Freihandelsabkommen TTIP. Sie legte sich mehrmals mit Gabriel an und wurde dafür von Vertretern der SPD-Spitze öffentlich gemaßregelt.

Legendär geworden sind Uekermanns Attacken vor und während des Parteitags 2015. Sie gab Gabriel damals per Interview die Schulnote Vier minus – „für seine Politik in der großen Koalition und als Parteivorsitzender“. Auf dem Parteitag selbst, bei dem Gabriels Wiederwahl als Vorsitzender anstand, griff sie ihn am Rednerpult an.

Erst lobte sie seine Rede, um dann einen bösen Satz nachzuschieben: „Aber leider kann ich das nicht in Einklang bringen mit dem, was danach immer wieder passiert.“ Der SPD-Chef, ein Lügner? Gabriel kofferte auf offener Bühne zurück, obwohl ihn Berater zurückzuhalten versuchten. Dass er die junge Juso-Chefin derb zusammenfaltete, kam bei einigen Delegierten schlecht an. Sein harter Konter galt als ein Grund für seine 74-Prozent-Schlappe.

Manch einer in Berlin dürfte nach alldem über Uekermanns Niederlage nicht unglücklich sein. Sie selbst will nun durchatmen. „Ich werde Zeit brauchen, um diese Entscheidung zu verdauen“, sagt sie. Natürlich müsse sie sich jetzt überlegen, was das für sie und ihre Zukunft in der bayerischen SPD bedeute.

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