Justiz in Guatemala: 6.060 Jahre Haft für Soldaten

Für jeden einzelnen der 201 Morde in dem Dorf Dos Erres wurden vier Soldaten zur Höchststrafe von je 30 Jahren Haft verurteilt. Der Veteranenverband ist empört.

Rosen für Gerechtigkeit: Indigene bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal. Bild: reuters

BERLIN taz | Das Urteil ist beeindruckend: Vier ehemalige Soldaten der Eliteeinheit Kaibiles wurden am Dienstagabend in Guatemala-Stadt zu je 6.060 Jahren Haft verurteilt. Es war das erste Verfahren gegen Militärs wegen eines Massakers und es ging nur um einen der 626 Massenmorde, die staatliche Sicherheitskräfte im Bürgerkrieg (1960 bis 1996) begangen haben.

Die vier Verurteilten hatten im Dezember 1982 zusammen mit ihrer Einheit das Dorf Dos Erres im Norden des Landes überfallen. Nach der Beweisaufnahme haben sie dort mindestens 201 Menschen ermordet. Die meisten Opfer sind mit einem Hammer erschlagen worden. Frauen und Mädchen wurden vor ihrem Tod auch noch brutal vergewaltigt.

Die Richter sprachen in ihrem Urteil von einer "perversen Tat". Das Dorf Dos Erres sei nach dem Überfall "von der Landkarte verschwunden". Für jeden einzelnen der Morde verhängten die Richter deshalb die Höchststrafe von 30 Jahren Haft. Dazu kommen noch einmal 30 Jahre wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Staatssicherheit. Das Urteil hat vor allem politische und symbolische Bedeutung. Nach der guatemaltekischen Verfassung darf kein Verurteilter länger als 50 Jahre in Haft gehalten werden.

Menschenrechtsorganisationen feierten das Urteil. Es sei "ein erstes Licht im Dunkel der Straflosigkeit", sagte Aura Elena Farfán, die Vorsitzende des Verbandes der Familienangehörigen von verschwundenen Verhafteten. Ihre Organisation hatte die Klage gegen die Militärs angestrengt.

Ein zweites Verfahren gegen noch einmal vier an diesem Massaker beteiligte Soldaten soll in den kommenden Wochen folgen. Acht weitere sind auf der Flucht. Das jetzt abgeschlossene Verfahren war zunächst von den Justizbehörden über Jahrzehnte verschleppt und dann von den Anwälten der Angeklagten mit einer Flut von Anträgen verzögert worden.

Die noch immer mächtigen Militärs reagierten auf das Urteil mit Empörung und einer kaum versteckten Drohung. Man werde "nicht erlauben, dass Soldaten wie Kriminelle abgeurteilt werden", ließ der einflussreiche Veteranenverband der Armee verlauten. Die vier Verurteilten hätten nur ihre Pflicht getan und den Staat "gegen den Kommunismus verteidigt".

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