Justiz in Libyen: 24 Söldner Gaddafis verurteilt

Ein libysches Militärgericht verurteilt 24 Söldner aus der Ukraine, Weißrussland und Russland zu harten Strafen. Sie sollen Raketen gegen Nato-Flugzeuge in Stellung gebracht haben.

Die libyschen Rebellen warfen weißen Ausländern vor, in Tripolis als Scharfschützen operiert zu haben. Bild: reuters

BERLIN taz | Zehn Jahre Haft mit Zwangsarbeit: Zu dieser schweren Strafe verurteilte ein Militärgericht in der libyschen Hauptstadt Tripolis gestern 19 Ukrainer, drei Weißrussen und einen Russen. Ein weiterer Russe erhielt sogar lebenslange Haftstrafe. Er war, so das Gericht, Koordinator der Gruppe von Söldnern, die während des libyschen Bürgerkriegs letztes Jahr aufseiten des gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi gekämpft hatten.

Die 24 sollen Boden-Luft-Raketen des libyschen Militärs gegen Nato-Flugzeuge in Stellung gebracht haben. Die Botschafter der Ukraine und Weißrusslands waren bei der Urteilsverkündung anwesend und kündigten Berufung an.

Als die heute in Libyen regierenden Rebellen Ende August 2011 Tripolis einnahmen, machten sie mehrere hundert ausländische Kriegsgefangene. Mindestens 200 „Söldner“ seien im Distrikt Abu Salim aufgegriffen worden, meldeten die Rebellen beispielsweise am 27. August. Dies waren nicht nur afrikanische Kämpfer, die hinterher unter teils unmenschlichen Bedingungen deportiert oder interniert wurden, sondern unter ihnen gab es unterschiedlichen Berichten zufolge auch mehrere Dutzend Osteuropäer: 6 oder 7 Kroaten, mindestens 20 Ukrainer, mindestens 25 Weißrussen. Das Feld reichte von weißrussischen Technikern bis zu ukrainischen Piloten – die Ukraine war Vertragspartner Libyens zur Wartung der Luftwaffe.

Die Rebellen warfen weißen Ausländern vor, in Tripolis als Scharfschützen operiert zu haben. Außerdem sollen ukrainische Piloten Luftangriffe auf friedliche Demonstranten zu Beginn des Aufstands gegen Gaddafi im Februar 2011 geflogen haben. Die Gefangenen sagten demgegenüber, sie seien Techniker oder Köche in der Ölindustrie. Einige sagten, sie seien erst im Juli angekommen.

Die betroffenen Regierungen bestätigten die Anwesenheit ihrer Staatsbürger aufseiten Gaddafis zunächst nicht, aber die Dementis fielen zuweilen merkwürdig aus. „Es ist schwer für uns, solche Gerüchte zu kommentieren, also kommentieren wir das nicht“, sagte das ukrainische Außenministerium einmal; nach den Berichten über Festnahmen mitten in der heißen Phase der Schlacht um Tripoli hieß es: „Wenn das stattgefunden hätte, hätten wir das aus verlässlicher Quelle erfahren.“

Als die Ersten wegen Kriegsverbrechen angeklagt wurden, stellten sich ihre Regierungen jedoch hinter sie. Diplomatischer Druck aus Kiew führte im März zur Repatriierung dreier Ukrainer, bevor am 4. April der Sammelprozess wegen illegalen Waffeneinsatzes „zur Auslöschung des libyschen Volks“ begann.

Vor zwei Wochen hätte eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats nach Libyen reisen sollen, um den Einsatz von Söldnern und privaten Militärfirmen während des Kriegs unter die Lupe zu nehmen. Die vom 21. bis 25. Mai angesetzte Reise wurde in letzter Minute aus „technischen Gründen“ abgesagt.

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