KLASSE: Hausärzte-Vertrag untersagt

Seit Monaten streiten Krankenkassen und Hausärzte um die "hausarztzentrierte Versorgung". Nun haben die Datenschützer das Vertragsmodell untersagt.

Der Streit um die hausarztzentrierte Versorgung reißt nicht ab Bild: dpa

"Ab dem 1. September haben endlich mehr als 70 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten Bürger im Lande Bremen die Möglichkeit, an der hausarztzentrierten Versorgung teilzunehmen", hat der Hausärzteverband jüngst mitgeteilt. Das wäre am Mittwoch dieser Woche. Tatsächlich ändert sich morgen aber nichts, das musste der Hausärzte-Sprecher, Hans-Michael Mühlenfeld, gestern einräumen. Denn um das Modell wird hinter den Kulissen auf verschiedenen Ebenen weiter gestritten.

Eine Woche vor der vollmundigen Ankündigung der Hausärzte hatte der Verband einen Brief der obersten bremischen Datenschützerin bekommen: Wie auch in Schleswig-Holstein müssten abgeschlossene Verträge "außer Kraft Gesetz werden". Die Ärzte wollen die Patientendaten für die Abrechnung einer Firma in Köln überspielen. Dies sei aus Datenschutzgründen nicht zu erlauben - der Verband möchte bis zum 15. September, verlangt die Datenschützerin, mitteilen, dass die Ärzte entsprechend informiert wurden.

Parallel laufen Klagen vor dem Sozialgericht gegen den Hausärztevertrag, den im Falle der AOK der Schlichter Arnold Knigge der Krankenkasse aufgezwungen hat. Vom Hausärztevertrag, so kritisiert AOK-Chef Norbert Kaufhold, versprechen sich die Ärzte deutliche Honorarsteigerungen, denen kaum eine zusätzliche Leistung gegenüberstehe. Und bezahlen solle das die Gemeinschaft der Versicherten.

Ärgerlich finden die Krankenkassen zum Beispiel, dass sie für Patienten, die in einem Quartal überhaupt nicht zum Hausarzt gehen, dennoch eine "Bereithaltungs-Pauschale" zahlen sollen. Während die Hausärzte davon ausgehen, dass die zusätzlichen Kosten für die Hausarzt-Verträge auf alle Versicherten umgelegt werden, sagt zum Beispiel die AOK, dass eigentlich die Patienten, die einen teureren "Wahltarif" wünschen, dies auch bezahlen müssten. Auch diese Frage ist vor dem Sozialgericht anhängig.

Der Streit zwischen Fach- und Hausärzten tobt seit Jahren. Mit dem von der CSU durchgesetzten Hausärzte-Modell wollen die Hausärzte aus den Kassenärztlichen Vereinigungen, wo sie in der Minderheit sind, ausscheiden und ihre Honorare mit den Kassen direkt aushandeln und über ihre Zentrale in Köln abwickeln. Es geht also nicht nur um mehr Geld, sondern auch mehr Einfluss im Verhältnis der Fachärzte zu den Hausärzten.

Die wollen daher Patienten durch besondere Angebote für die hausarztzentrierte Vertragsform werben: Hausärzte-Sprecher Mühlenfeld widerspricht nicht der These, dass es den Ärzten um mehr Geld gehe - aber Patienten, die sich für den Hausärzte-Vertrag entscheiden, würden auch "bei weitem nicht dieselben Leistungen" erhalten, verspricht er. Da gehe es nicht nur um Service-Angebote wie Sprechzeiten in den Abendstunden oder kürzere Wartezeiten. Insbesondere verpflichteten sich die Hausärzte, die an dem Modell teilnehmen, auch zu intensiven Fortbildungen. Er rechnet damit, dass sich am Ende etwa zehn Prozent der Patienten für einen Hausärzte-Vertrag entscheiden.

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