KORRUPTION: Revision aus Brüssel

Das Amt für Betrugsbekämpfung der EU schickt Ermittler an die Lüneburger Leuphana-Uni. Sie sollen das Vergabeverfahren für das Libeskind-Audimax untersuchen.

Gute Freunde, die gute Freunde haben: Libeskind und Keller (l.). Bild: dpa

BREMEN taz | Es sind üblicherweise keine Petitessen, mit denen sich das "Europäische Amt für Betrugsbekämpfung" (Olaf) beschäftigt. Nur wenn "schwerwiegende Unregelmäßigkeiten mit Auswirkungen auf den EU-Haushalt" vermutet werden, wird es nach eigener Darstellung aktiv.

Von Montag bis Donnerstag dieser Woche sind die Korruptionsbekämpfer der EU-Kommission nun zu einer "Vor-Ort-Kontrolle" an der Lüneburger Leuphana-Universität. Es geht um das Vergabeverfahren für die Planung des neuen Leuphana-Zentralgebäudes durch ein Architekturbüro im Jahr 2008.

60 Millionen Euro soll das mittlerweile im Bau befindliche Audimax des Star-Architekten Daniel Libeskind - selbst Leuphana-Professor - kosten. 21 Millionen davon kommen aus Brüssel. Immer wieder war das Bauprojekt in die Schlagzeilen geraten. Denn Leuphana-Konrektor Holm Keller, Architekt Libeskind und die westfälische Rheinzink GmbH hatten einst enge geschäftliche Beziehungen. Und Rheinzink ist mit einem Sponsoringvertrag am Audimax-Bau beteiligt.

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, (Office Européen de Lutte Anti-Fraude - OLAF), ist eine Behörde der Europäischen Kommission.

Ihre Aufgabe ist die Bekämpfung aller rechtswidrigen Handlungen, die die finanziellen Interessen der EU schädigen. Darunter fallen auch Zolldelikte, Zigarettenschmuggel oder Betrug bei Agrarsubventionen.

EU-weit liefen 2010 493 Untersuchungen, davon 34 in Deutschland.

In einem Papier des niedersächsischen Landesrechnungshofes vom Sommer ist die Rede davon, dass mit diesem Sponsoringvertrag "der Wettbewerb unterlaufen wurde". Andere Lieferanten als Rheinzink seien "ausgeschaltet" worden.

Konrektor Keller ist Gründer und Gesellschafter der mittlerweile gelöschten Proportion GmbH, die im Auftrag von Libeskind die Designvillen des Architekten vermarktet hatte. Für die wiederum baut Rheinzink die aufwendigen Fassaden. Im Fall des Audimax habe die zweifelhafte Auftragsvergabe möglicherweise zu hohen Mehrkosten für die Universität geführt. Die Finanzierung des Gebäudes sei nicht gesichert, urteilt der Rechnungshof.

Was die Olaf-Ermittler jetzt genau herausfinden wollen, sagen sie mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht. Leuphana-Sprecher Henning Zühlsdorf erklärt, die EU-Kommission überprüfe "Vorhaben dieser Art regelmäßig". Man werde die Prüfer "wie immer in solchen Fällen in jeder Hinsicht unterstützen". Nach taz-Informationen sollen sich die Olaf-Ermittler auch bei Rheinzink angekündigt haben.

Der Audimax-Bau an der halbstaatlichen Leuphana wird vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium beaufsichtigt und mitfinanziert. Ministerin Johanna Wanka (CDU) hatte bei einer parlamentarischen Anhörung im September alle Anwürfe zurückgewiesen: Alle Vorgänge beim Audimaxneubau seien "völlig korrekt" durchgeführt worden. Zu der Olaf-Untersuchung will sich das Ministerium nicht äußern. "Das kommt direkt von der EU-Kommission, da sind wir nicht beteiligt", sagt ein Sprecher. Es sei das "gute Recht der EU" zu prüfen, was mit ihrem Geld geschehe.

Die studentische Leuphana-Senatorin Daniela Steinert überrascht die Untersuchung nicht. Sie fürchtet, dass Kellers Praktiken dazu führen könnten, dass die Leuphana EU-Mittel in Millionenhöhe zurückzahlen muss. "Dann haben wir ein massives Problem."

Die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte verlangt von der Landesregierung, die Ermittlungen "sehr ernst zu nehmen". In der Vergangenheit sei Wanka über Bedenken gegen die Vorgänge an der Leuphana "ziemlich hinweggegangen".

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