KSK in Afghanistan: Hellfire-Raketen und Todeslisten

Der Luftangriff von Kundus war kein Einzelfall: Neue Details bestärken die Vermutung, dass die Bundeswehr längst zur Strategie der gezielten Tötung von Taliban beiträgt.

KSK-Soldaten, hier während einer Übung im baden-württembergischen Calw. Bild: reuters

BERLIN taz | Der Luftangriff von Kundus in der Nacht auf den 4. September 2009 war in mancher Hinsicht kein Einzelfall. Neunmal haben Bundeswehrsoldaten im Jahr 2009 Unterstützung durch US-Kampfflugzeuge angefordert, die ihre Waffen dann einsetzten. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf Fragen des Grünen-Abgeordneten Christian Ströbele hervor.

Allein bei einem Angriff mit einer Hellfire-Rakete im Juli 2009 wurden demnach fünf gegnerische Kämpfer getötet und zwei verwundet. Die entsprechenden Zahlen Toter und Verwundeter bei den weiteren acht Einsätzen habe das Verteidigungsministerium "trotz Zusage bisher noch nicht" geliefert, kritisierte Ströbele. Vier Einsätze waren im November 2009, also auf jeden Fall nach dem fatalen Luftangriff am 4. September. Einen dieser Waffeneinsätze habe Bundeswehr-Oberfeldwebel Markus W. angefordert, der unter dem Decknamen "Red Baron" am 4. September als Fliegerleitoffizier die US-Piloten zum Bombenabwurf drängte.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) müsse nun "die weitere Befürchtung aufklären", dass auch in den weiteren neun Fällen deutsche Soldaten wahrheitswidrig wie am 4. September "Feindkontakt" behauptet hätten, "um Luftwaffeneinsätze zu erschleichen", erklärte Ströbele. Auch die Rolle des Kommandos Spezialkräfte (KSK) sowie der ominösen KSK-gestützten "Task Force 47", die offensichtlich auch einen Anteil am Luftangriff vom 4. September hatte, müsse geklärt werden.

Ein weiteres Schlaglicht auf das Wirken des geheimen Bundeswehr-Eliteverbands KSK warf am Mittwoch ein Bericht des Stern. Laut dem Magazin nutzt die Nato in Nordafghanistan "Todeslisten" zur Talibanjagd, auf denen Zielpersonen als Festzunehmende ("c" für capture) oder zu Tötende ("k" für kill) eingetragen werden. An dieser Jagd sei auch das KSK beteiligt.

Die Abarbeitung der Listen dürfte jedoch die Aufgabe der US-amerikanischen Special Operations Forces sein, von denen 300 Kämpfer sich im Hauptquartier der Bundeswehr in Masar-i-Scharif einquartiert hätten. Die Bundeswehr trage angeblich nur Taliban auf die Listen ein, die gefangen genommen und nicht getötet werden sollten, schreibt das Magazin. Die Entscheidung liege beim Einsatzführungskommando in Potsdam sowie beim Isaf-Kommando in Kabul.

Sowohl die Angaben des Verteidigungsstaatssekretärs Christian Schmidt gegenüber dem Grünen Ströbele als auch die "Todeslisten" nähren die Vermutung, dass das Bombardement der beiden Tanklaster im Kundus-Flussbett einen strategischen Hintergrund hatte, von dem hierzulande niemand wissen sollte. Das gezielte Töten von Taliban mithilfe auch des KSK wäre dann längst Praxis im Norden Afghanistans gewesen.

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