KZ-Wärter Demjanjuk: Posthum zum Opfer

Vorwurf umgedreht: Die Hinterbliebenen des im März verstorbenen KZ-Wärters Demjanjuk werfen den deutschen Behörden eine „Hinrichtung auf Raten“ vor.

Keine Hinrichtung auf Raten, sondern massenhafter Mord: Gedenkstätte an Demjanjuks früherem Arbeitsplatz Sobibor. Bild: dpa

BERLIN afp | Die Hinterbliebenen des verurteilten KZ-Wärters John Demjanjuk haben Strafanzeige wegen Totschlags gegen die betreuenden Mediziner in Deutschland eingereicht.

Dem 91-jährigen Demjanjuk sei in einem Pflegeheim nahe Rosenheim ein Schmerzmittel verabreicht worden, das zu seinem Tod Mitte März geführt habe, heißt es in der Strafanzeige, die der Nachrichtenagentur afpam Mittwoch vorlag. Mit der regelmäßigen Verabreichung des Mittels Novalgin sei eine „medizinische Hinrichtung auf Raten“ erfolgt, heißt es in der auf 12. Juni datierten Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Rosenheim weiter.

Die Anzeige wurde von einem deutschen Anwalt im Namen von Demjanjuks Witwe und Sohn gestellt. Sie verweisen darauf, dass das Schmerzmittel wegen Demjanjuks Alter und eines bestimmten Knochenmarkleidens nicht hätte eingesetzt werden dürfen. „Wir glauben, dass dies zu seinem Tod geführt hat und dass mögliche unnatürliche Todesursachen untersucht werden müssen“, erklärte Demjanjuks Sohn John Demjanjuk junior zu der Strafanzeige.

Demjanjuks Leiche war kurz nach dem Tod obduziert worden. Dabei habe es keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder auf die Einwirkung eines Dritten gegeben, hatte die Staatsanwaltschaft Traunstein im März mitgeteilt. Die genaue Todesursache hatte sich demnach durch die Obduktion allerdings nicht erkennen lassen.

Der gebürtige Ukrainer Demjanjuk war im Mai vergangenen Jahres in einem weltweit beachteten Prozess wegen Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden im Vernichtungslager Sobibor schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Es war das erste Mal, dass ein sogenannter Trawniki – ein von den Nazis als KZ-Wärter zwangsverpflichteter Osteuropäer – verurteilt worden war.

Das Gericht hatte Demjanjuk, der zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits zwei Jahre in Untersuchungshaft gesessen hatte, nach der Verurteilung überraschend freigelassen. Der 2009 aus den USA nach Deutschland überstellte Demjanjuk lebte seit seiner Freilassung in dem Pflegeheim nahe Rosenheim, wo er am 17. März starb.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.