Kampf gegen Islamischen Staat: Libyen will Waffen

Der UN-Sicherheitsrat spricht sich gegen die Teilaufhebung des Embargos gegen Libyen aus. Man setzt auf eine politische Lösung: eine Einheitsregierung.

Libysche Kämpfer schießen mit ihren Waffen auf Einheiten des IS in Bengasi im Oktober 2014. Bild: ap

KAIRO taz | Libyen hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, das Waffenembargo gegen das nordafrikanische Land aufzuheben. Außenminister Muhammad Al-Dari erklärte bei einer Sitzung am Mittwochabend, ein solcher Schritt würde der Regierung helfen, die Armee aufzubauen, um den sich ausbreitenden Terror des Islamischen Staates (IS) zu bekämpfen.

Unterstützt wird diese Forderung von Ägypten. Dessen Präsident Abdel Fatah El-Sisi hatte diese Woche in einem Interview zunächst gefordert, eine internationale Allianz für eine Militärintervention in Libyen zu bilden. Ägypten und die von ihr unterstützte libysche Regierung, die in der Stadt Tobruk im Osten des Landes residiert, waren aber gegenüber dem UN-Sicherheitsrat von dieser Forderung abgerückt, nachdem sie keinen internationalen Rückhalt gefunden hatten.

Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens, Großbritanniens und der USA hatten in einer Erklärung im Vorfeld der Sitzung des UN-Sicherheits verlauten lassen, dass sie zwar den Mord an 21 ägyptischen Bürgern durch Dschihadisten des IS verurteilen. Sie treten jedoch für eine politische Lösung ein. Terrorismus beeinträchtige das Leben aller Libyer, eine Fraktion allein könnte diesen nicht bekämpfen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Hoffnung liege in der Bildung einer Einheitsregierung, die nur durch einen von der UN geförderten Verhandlungsprozess erreicht werden könne.

Auch der UN-Sondergesandte Bernardino Leon erklärte gegenüber dem Sicherheitsrat, dass der IS in Libyen nur von einer Einheitsregierung bekämpft werden könne, die starken internationalen Rückhalt genießen müsse. Hintergrund der Forderung ist, dass es in Libyen zwei rivalisierende Machtzentren gibt. In Tobruk residiert die international anerkannte „säkulare“ Regierung, geschützt von der Armee des Generals Khalifa Haftar. In der Hauptstadt Tripolis haben das von Islamisten kontrollierte alte Parlament und die islamistischen Fajr-Milizen das Sagen.

Politisches Vakuum

Die radikalen Dschihadisten des IS nutzen das dadurch entstandene politische Vakuum und haben sich vor allem in der Stadt Derna, aber auch in Syrte, der Geburtsstadt des 2011 gestürzten Dikatators Muammar al-Gaddafi, ausgebreitet. Sowohl eine militärische Intervention auf Seiten General Haftars, wie ursprünglich von Ägypten gewünscht, als auch die nun von der libyschen Regierung in Tobruk geforderte Teilaufhebung des Waffenembargos, um eines der beiden rivalisierenden Lager mit Waffen zu versorgen, würde bedeuten, dass sich die internationale Gemeinschaft für die Unterstützung einer der beiden Lager entscheidet. Das ist wohl der Grund, warum sowohl eine militärische Intervention als auch eine Teilaufhebung des Waffenembargos im UN-Sicherheitsrat auf große Zurückhaltung stoßen.

In Ägypten werden unterdessen weiterhin mögliche militärische Szenarien für Libyen diskutiert, nachdem ägyptische Kampfjets diese Woche mutmaßliche Stellungen der IS bombardiert hatten. Eine Reihe ägyptischer Militärexperten äußern sich skeptisch zu weiteren Einsätzen der Armee. Wenn Bodentruppen entsandt würden, würde das die ägyptische Armee in einem offenen Krieg hineinziehen, fürchtet Hussam Suwailiym gegenüber der Tageszeitung El-Masy El-Youm. Auch der General a.D. des Militärgeheimdienstes, Hussein Kamal, warnt davor, die ägyptischen Armee zu überlasten. Die Armee sei schon jetzt in einer großen Operation im Nordsinai beschäftigt. Dort kamen in einem Kleinkrieg mit militanten islamistischen Gruppen, die seit Ende Jahres auch im Namen des IS operieren, bisher Hunderte von Soldaten um.

Daneben, so Kamal, müsse die Armee auch in anderen Teilen Ägyptens für Sicherheit sorgen. Selbst die ägyptischen Luftschläge will er nicht mit jenen der Anti-IS-Koalition im Irak oder in Syrien vergleichen, da es sich nur um Vergeltungsschläge gehandelt habe. Die Nachrichtenwebseite Youm El-Sabaa zitiert einen namentlich nicht genannten Militärexperten mit den Worten, dass Ägypten in Übereinstimmung mit Tobruk Spezialeinheiten nach Libyen schicken könnte. Ägyptische Spezialeinheiten seien für derartige Aufgaben ausgebildet.

Arabische Diplomatie gespalten

Laut der Tageszeitung Shourouk werde derzeit hinter den Kulissen bereits die Möglichkeit debattiert, die Spezialeinheit 999 nach Libyen zu entsenden. Wenn die libysche Seite dem zustimme, könne diese Einheit an der Seite libyscher Truppen die Terroristen bekämpfen. Berichte, dass ägyptische Spezialeinheiten diese Woche bereits in der ostlibyschen Stadt Derna eine Stellung der IS angegriffen und über 50 Dschihadisten gefangengenommen hat, wurden von ägyptische Seite bisher nicht bestätigt.

Die Frage des weiteren Vorgehens in Libyen spaltet auch die arabische Diplomatie. Am Dienstag wurde der Botschafter des Emirates Katar in Kairo zu Konsultationen nach Hause berufen. Anlass war einer Erklärung des ägyptischen Delegierten der Arabischen Liga. Ägypten hatte am Mittwoch die anderen arabischen Staaten aufgefordert, „das legitime Recht auf Selbstverteidigung“ zu unterstützen, also die ägyptischen Luftschläge in Libyen. Der ägyptische Delegierte Tarek Adel warf Katar vor, „den Terror zu unterstützen“, nachdem sich der Golfstaat gegen die Bombardierungen ausgesprochen hatte.

Das katarische Außenministerium stellte sich auch gegen die ägyptische Forderung nach einer Teilaufhebung des Waffenembargos, weil dies, so heißt es in einer Erklärung, „nur eine Seite auf Kosten der anderen unterstützt, ehe ein Dialog zur Bildung einer nationalen Einheitsregierung beendet worden ist“.

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