Kampf um Aleppo: Teile des Rebellengebietes erobert

Syriens Regimeanhänger haben das Rebellengebiet der Stadt in zwei Hälften gespalten. Sie sollen zudem den nördlichen Teil vollständig eingenommen haben.

Menschen fliehen mit Koffern am Sonntag aus dem Osten Aleppos über ein Feld

Menschen fliehen am Sonntag aus dem Osten Aleppos Foto: ap

ALEPPO/TEL AVIV afp/dpa | Wie das syrische Staatsfernsehen am Montag berichtete, eroberten die Regierungstruppen den strategisch wichtigen Stadtteil Sachur und zerschlugen das Rebellengebiet im Osten der Stadt in zwei Teile. Syriens Regimeanhänger sollen zudem den nördlichen Teil der Rebellengebiete in Ost-Aleppo vollständig eingenommen haben. Das berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag.

Die syrischen Regierungstruppen haben bei ihrer Offensive auf den Ostteil Aleppos am Wochenende sechs Stadtviertel erobert. Unter ihnen ist mit Masaken Hanano auch der größte bisher von Rebellen gehaltene Stadtteil, wie Armee und Aktivisten übereinstimmend berichteten.

Die Truppen des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad hatten vor knapp zwei Wochen eine Offensive zur vollständigen Eroberung von Aleppo begonnen. Nach der Einnahme von Masaken Hanano am Samstag eroberten sie nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag zunächst auch die angrenzenden Viertel Dschabal Badro und Baadin. Im Laufe des Tages seien drei weitere Stadtteile gefolgt. „Die Rebellen haben mindestens 30 Prozent des einst von ihnen kontrollierten Gebietes in Aleppo verloren“, berichtete die Beobachtungsstelle am späten Abend.

Jasser al-Jussef, Führungsmitglied der bewaffneten Gruppe Nureddin al-Sinki, sagte am Sonntag, die Aufständischen versuchten, ihre Positionen in Sachur zu festigen. „Doch die Luftwaffe zerstört systematisch ein Gebiet nach dem anderen“, fügte er hinzu.

10.000 Zivilisten fliehen

Der Vormarsch hat am Wochenende rund 10.000 Zivilisten in die Flucht getrieben: Diese Zahl nannte die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntagabend. Rund 6.000 von ihnen seien aus ihren Wohngebieten im Osten Aleppos in von Kurden kontrollierte Zonen geflohen, der Rest habe Zuflucht in Regierungsgebieten gesucht. Der Chef der Kurdenpartei PYD, Salih Muslim, bestätigte die Flucht Tausender in die kurdisch kontrollierten Gebiete.

Die von mehreren Seiten geführte Offensive der Armee auf Ost-Aleppo „schwächt die Rebellen zunehmend“, konstatierte die oppositionsnahe Beobachtungsstelle am Sonntag. Die in Großbritannien ansässige Organisation stützt sich auf ein breites Netzwerk von Informanten in Syrien, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, hatte kürzlich erklärt, nach seinem Eindruck habe die syrische Regierung die „feste Absicht“, in Aleppo eine militärische Entscheidung herbeizuführen. Wenn die Angriffe in dieser Intensität weitergingen, „wird es zu Weihnachten kein Ost-Aleppo mehr geben“, warnte der UN-Vertreter in der Süddeutschen Zeitung vom Freitag.

Chemiewaffenangriff bei Al-Rai

Die türkische Armee teilte unterdessen mit, bei einem Chemiewaffenangriff in Syrien seien 22 mit Ankara verbündete Rebellen verletzt worden. Sie seien nach einem Raketenangriff der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) einem giftigen Gas ausgesetzt gewesen, erklärte das Militär am Sonntag laut der Nachrichtenagentur Anadolu.

Die Attacke ereignete sich demnach nahe dem Dorf Chalilija östlich der Stadt Al-Rai im Norden Syriens. Medienberichten zufolge wurden die verletzten Rebellen zur Behandlung in ein Krankenhaus in die türkische Grenzstadt Kilis gebracht.

Die Türkei führt seit Ende August zusammen mit syrischen Rebellen eine Offensive gegen die IS-Miliz im Norden Syriens. Die von Ankara unterstützten Kämpfer eroberten seitdem die Stadt Dscharablus vom IS zurück und brachten mehrere umliegende Dörfer sowie die Nachbarstadt Al-Rai unter ihre Kontrolle.

Der Kreml teilte am Samstag mit, der russische Präsident Wladimir Putin habe in einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan erneut die Lage in Syrien erörtert. Bereits am Freitag hätten sie über die Möglichkeit „gemeinsamer Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus“ gesprochen. Russland ist mit Assad verbündet, die Türkei ist gegen ihn, bekämpft aber auch die Kurden in Syrien und den IS.

Israel greift Verbündete des IS an

Israels Luftwaffe hat in der Nacht zum Montag ein Gebäude auf den syrischen Golanhöhen bombardiert. Es handele sich um eine ehemalige UN-Einrichtung, die von Verbündeten des IS als Einsatzzentrale genutzt werde, teilte das israelische Militär mit. Kämpfer der mit dem IS verbündeten Gruppierung Schuhada al-Jarmuk hätten am Sonntag von dort aus eine Patrouille der israelischen Armee beschossen. Bei dem Gefecht waren nach Angaben Israels vier IS-Verbündete getötet worden.

Israel hatte die Golanhöhen 1967 von Syrien erobert. In dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg in Syrien ist es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen im Grenzgebiet gekommen.

Dieser Artikel wurde geändert um 15.23 Uhr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.