Kaninchenfleisch in Deutschland: Gequälte Osterhasen auf dem Tisch

Kaninchenfleisch wird zu Ostern besonders gern gegessen. Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert die Mastbedingungen.

Zwei graue Kaninchen

Sind ganz froh, nicht gegessen zu werden: acht Wochen alte Chinchilla-Kaninchen Foto: reuters

Bei den einen bringen sie die Ostereier, bei den anderen landen sie auf dem Tisch: Hasen. Zu dieser tierischen Familie gehören auch die Kaninchen mit ihren unzähligen Arten und Gattungen. Rund 100 große Erzeuger mästen die kleinen Tiere in Deutschland. Jetzt arbeiten sie auf Hochtouren: Ostern ist Hauptsaison!

Ganze 30 Millionen Kaninchen werden laut Deutschem Tierschutzbund jedes Jahr verspeist. Besonders groß sei die Nachfrage zu Ostern. Das bestätigt auch Dr. Werner Ziegler vom Bundesverband der Deutschen Kaninchenfleisch- und -wollerzeuger (BVK). Die Wochen vor dem Fest zeichneten sich durch besonders viel Arbeit für die Erzeuger aus: „Häsinnen werden für das Ostergeschäft gezielt belegt.“ Er schätzt, dass das Fest für rund ein Viertel der jährlichen Produktion verantwortlich ist.

Aus diesem Anlass möchte der Deutsche Tierschutzbund nun auf die widrigen Bedingungen in der Tierhaltung aufmerksam machen: „Die Kaninchen leben zusammengepfercht in Gitterkäfigen in schlecht belüfteten Hallen“, sagt Dr. Esther Müller, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft. Die Käfighaltung führe zu Verletzungen und Geschwüren an den Pfoten, mangelnder Platz und Beschäftigung riefen Verhaltensstörungen hervor.

Die gewerbliche Kaninchenhaltung ist in Deutschland erst seit 2014 gesetzlich geregelt. Der Tierschutzbund sieht in dem neuen Gesetz jedoch keine wesentlichen Verbesserungen. So sei es immer noch üblich, die Tiere ohne Freilandauslauf zu halten.

„Strukturen wie in der Honigproduktion“

Dem Kaninchenfleischerzeuger Ziegler bereitet das Gesetz aus einem anderen Grund Sorge: Die Standards seien höher als in Italien oder den benachbarten Ländern Osteuropas. „Verbraucher honorieren die teurere Haltung in Deutschland an der Ladentheke nur in sehr begrenztem Umfang“, so Ziegler. Deutsche Erzeuger könnten mit den Preisen der Konkurrenz nicht mithalten. Deshalb begrüßt er den Vorstoß des EU-Parlaments, das sich im März für EU-weite Mindeststandards in der Kaninchenhaltung aussprach.

Der Appell des Tierschutzbundes klingt freilich anders. Für Müller ist klar: „Vegane oder vegetarische Osterspeisen sind der direkte Weg zu mehr Tierschutz.“ Wer dennoch Kaninchenfleisch kaufen möchte, sollte dies im Biomarkt oder bei vertrauenswürdigen privaten Erzeugern tun.

Tatsächlich stammt der Großteil der in Deutschland gemästeten Kaninchen ohnehin von eben jenen Kleinstproduzent*innen. „Die Mehrzahl der Kaninchen und damit auch Kaninchenfleisch wird in der Freizeithaltung produziert“, erklärt Ziegler vom BVK. Das sei wie mit dem Honig: Viele einzelne Imker*innen kümmerten sich um zwei oder drei Bienenvölker. In Deutschland gäbe es nur 100 Erzeuger, die dies als vollen Beruf ausübten und mehrere Hundert Kaninchen hielten.

Bei einem Bio-Verbandssiegel zeigte man sich angesichts der taz-Anfrage überrascht: Kaninchenfleisch? Das sei in Deutschland im Bio-Bereich kein relevantes Thema. Auch die Zahl der gegessenen Kaninchen – immerhin 30 Millionen im Jahr – sorgte für Verwunderung. Eine Erklärung bietet das Online-Portal „Lebensmittel Warenkunde“: Kaninchenfleisch würde umgangssprachlich oft einfach als Hasenfleisch bezeichnet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.