Kanzlerinnenbesuch in Kreuzberg: Deutsch mit Frau Merkel

Kanzlerin Merkel besucht eine Deutschklasse für Flüchtlinge in Kreuzberg und lobt die schnelle Integration. Experten warnen: Ämter überfordert.

Selfies sind der Kanzlerinnen Sache nicht: Merkel am Donnerstag mit Flüchtlingen vor einer Erstaufnahmestelle in Spandau. Foto: reuters

„Sehr schnell“, befand Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag, finde derzeit die Integration von Flüchtlingskindern in die Berliner Schulen statt. Die Kanzlerin hatte die Flüchtlingskrise einen Tag lang zur Chefsache gemacht. Zunächst ein Besuch in einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Spandau, dann weiter zur Stippvisite in einer Willkommensklasse an der Kreuzberger Ferdinand-Freiligrath-Schule.

„Beeindruckt“, hätte sich die Kanzlerin von den SchülerInnen gezeigt, reportierte Schulleiterin Anke Schmidt. Obwohl einige Kinder erst sei zwei Wochen in der Deutschlernklasse seien, habe man „Deutsch mit Frau Merkel gesprochen“. Als „zukunftsweisendes Konzept“ lobte die Kanzlerin das Berliner Modell der Lerngruppen denn auch hernach vor der auf dem Schulhof versammelten Presse.

Bis zu zwölf SchülerInnen ohne Deutschkenntnisse lernen in den Willkommensklassen gemeinsam die Sprache, um dann möglichst schnell am regulären Unterricht teilnehmen zu können. An der Kreuzberger Sekundarschule lernen aktuell 36 Kinder in drei Willkommenklassen.

Berlinweit sind es rund 5.000 Kinder, das Gros von ihnen Flüchtlingskinder, die in 431 Willkommensklassen Deutsch lernen – rund 2.000 Kinder mehr als im vergangenen Schuljahr. Tendenz: weiter steigend. „Wenn uns ein Bezirk meldet, dass wir von einem Tag auf den anderen wieder 30 weitere Flüchtlingskinder in den Willkommensklassen unterbringen müssen, dann ist das eine Herausforderung“, so eine Sprecherin der Senatsbildungsverwaltung zur taz.

Mit der „sehr schnellen“ Integration in die Willkommensklassen könnte deshalb auch schon bald Schluss sein. Zwar seien die Willkommensklassen laut Senatsbildungsverwaltung derzeit nur zu 75 Prozent ausgelastet. „Das ist aber nur die typische Situation zum Schuljahresanfang“, sagt Mittes Schulrätin Sabine Smentek (SPD). Viele der Flüchtlingskinder seien nur noch nicht in den Schulen angekommen, weil ihnen etwa noch das obligatorische Zeugnis vom Gesundheitsamt fehle.

Platz ist knapp

„Wie lange wir mit den Kapazitäten hinkommen, wissen wir nicht“, so Smentek. Wie in den anderen Bezirken auch, ist der Platz an Mittes Schulen ohnehin knapp: an vielen Schulen mussten in diesem Schuljahr zusätzliche Klassenzüge eingerichtet werden. Eltern und Lehrer protestierten gegen die Enge, die den Kindern etwa Ruheräume nehme und Unterrichtskonzepte in Frage stelle.

Von einer zügigen Integration der Flüchtlingskinder in den Schulbetrieb könne jetzt schon keine Rede mehr sein, sagt Daniel Jasch vom Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und MigrantInnen (BBZ). „Als Zielvorgabe wird zwar immer ausgegeben, die Kinder innerhalb von vier bis sechs Wochen nach ihrer Ankunft in Berlin einzuschulen“, sagt Jasch.

„Wir merken aber, dass die Erstaufnahmestellen es schlicht nicht mehr schaffen, die Kinder an die entsprechenden Schulämter der Bezirke zu melden und auch die Gesundheitsämter überfordert sind.“ In die Beratung kämen teilweise Schüler „die drei bis sechs Monate auf einen Schulplatz warten“, so Jasch. Da gehe derzeit „der Überblick verloren“.

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