Kassenärzte gegen Homöopathie: „Kein Beleg für Wirksamkeit“

Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Homöopathie – trotz unklarem Nachweis der Wirksamkeit. Die Kassenärzte wollen das nun unterbinden.

Eine Person hält eine Globuli-Kugel auf dem Finger

Keine Kohle mehr für Kügelchen? Kassenärzte fordern genau das Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist ein Frontalangriff auf die Homöopathie – und er kommt diesmal von den Kassenärzten. „Es gibt keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit homöopathischer Verfahren“, sagte Andreas Gassen, Präsident der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Rheinischen Post. „Wer homöopathische Mittel haben möchte, soll sie auch bekommen, aber bitte nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft.“

In Gassens Vereinigung organisieren sich Vertragsärzte gegenüber Krankenkassen. Bereits zuletzt hatte es Kritik an der Kostenübernahme von homöopathischen Behandlungsmethoden gegeben. Diese erfreuen sich allerdings weiterhin hoher Beliebtheit in Deutschland – weshalb viele gesetzliche Krankenkassen die Kosten für ihre Versicherten tragen. Dazu gehören auch die beiden größten Kassen des Landes, die Techniker Krankenkasse und die Barmer GEK, die zusammen rund 20 Millionen Versicherte zählen.

An der Homöopathie scheiden sich schon lange die Geister. Außerhalb des Kreises an Menschen, die glauben, durch diese „alternativmedizinischen“ Behandlungen tatsächlich von einer Krankheit geheilt worden zu sein, gilt die Wirksamkeit von Globuli und Co als zumindest umstritten. Die Wirkkraft der stark verdünnten Substanzen wurde bisher jedenfalls nicht nachgewiesen. Wenn Patienten dann doch über einen Heilungsprozess jubeln, verweisen Kritiker auf den Placebo-Effekt. Weiterhin wird oft die Sorge laut, dass homöopathische Behandlungen eine ernsthafte Genesung ausbremsen, bis es für Patienten zu spät ist.

Frankreich hat schon reagiert

KBV-Präsident Gassen verweist nun auf die Entscheidung der französischen Regierung, Homöopathie als Kassenleistung bis 2021 zu streichen. Dies war eine Empfehlung der Obersten Gesundheitsbehörde. Die Behörde untersuchte neun Monate lang fast 1.200 homöopathische Arzneimittel und analysierte mehr als 1.000 wissenschaftliche Publikationen – und fand: nichts. Die Wirksamkeit ließ sich nicht nachweisen.

In Deutschland sind die Kassenärzte nicht die Einzigen, die wünschen, dass Krankenkassen lediglich nachweisbar wirksame Behandlungsmethoden finanzieren. Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) macht sich schon lange dafür stark und forderte zuletzt, ebenso wie die Franzosen vorzugehen.

Schützenhilfe kommt auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), der über den Leistungskatalog der Krankenkassen entscheidet. GBA-Chef Josef Hecken forderte im Berliner Tagesspiegel, dass der Gesetzgeber die Vorgaben enger fassen müsse. Die GBA hat darauf keinen Einfluss: Homöopathie ist kein Teil des gesetzlichen Leistungskatalogs. Die Kassen entscheiden selbst, ob sie die Behandlung übernehmen oder nicht.

Das kritische „Informationsnetzwerk Homöopathie“ würde einen Beitragsstopp begrüßen. Auf Anfrage der taz geht die Mitgründerin Natalie Gram noch einen Schritt weiter und fordert, dass Homöopathie aus der Apothekenpflicht und dem Status des Arzneimittels entlassen werden soll.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.