Kein Geld mehr vom Bund: Sozialarbeit an Schulen wackelt

Das Bildungs- und Teilhabepaket läuft aus und damit fallen Stellen weg. Niedersachsen setzt auf den Bund, Hamburg zahlt künftig selbst, Bremen sucht einen Plan B und Schleswig-Holstein versucht, die Sozialarbeiter zu halten.

Gebraucht, aber nicht nachhaltig finanziert: Ein Sozialpädagoge leitet Schüler in einem Projekt zur Wiedereingliederung von Schulschwänzern an Bild: dpa

HAMBURG/HANNOVER taz | Die Stellen vieler Sozialarbeiter an norddeutschen Schulen sind gefährdet. Das liegt daran, dass das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes, mit dem sie finanziert werden, zum Jahresende ausläuft. Die Bundesländer überlegen jetzt, wie viele Stellen sie retten können. Die Hoffnung, die SPD könnte sich mit ihrem Wunsch, die jetzige Finanzierung fortzuschreiben, im Koalitionsvertrag mit der CDU durchsetzen, hat sich zerschlagen.

Nach einer Umfrage des NDR in den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg gibt es zurzeit 750 vom Bund bezahlte SozialarbeiterInnen in den Schulen. Jede zehnte Stelle wollen die Landkreise und kreisfreien Städte streichen. Bei einem weiteren Viertel der Stellen sei die Finanzierung unsicher. Wie die Bremer Bildungssenatorin der taz sagte, beschäftigt der Stadtstaat 47 vom Bund bezahlte SozialarbeiterInnen an Schulen. 30 will er bis Mitte des nächsten Jahres halten.

„Wir wollen einen Bruch vermeiden“, sagt Christina Selzer, die Sprecherin der Bremer Bildungsbehörde. Die Schulen, die ihren Sozialarbeiter behalten sollen, werden nach einem Sozialindikator ausgewählt. „Das ist eine wichtige Arbeit“, sagt Selzer. Allerdings tue sich das klamme Bremen schwer, das zu finanzieren. Der Senat arbeite an einem Plan B für den Fall, dass das Geld vom Bund auf Dauer wegfalle.

Ganz anders ist die Lage in Hamburg. „Wir haben immer gesagt, die Stellen sind für uns so wichtig, dass wir sie auf jeden Fall finanzieren“, sagt Schulbehörden-Sprecher Peter Albrecht. Der Senat habe die Stellen daher von Anfang an unbefristet ausgeschrieben.

Schleswig-Holstein versucht, mit einer Gesetzesänderung Restsummen des Jahres 2011 aus dem Teilhabepaket zu retten. Ein Gesetz, das dafür die Zweckbindung lockere, sei bereits in erster Lesung beraten worden, sagt Harald Haase, Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Für das Restgeld aus 2012 sei das nicht so einfach: „Der Bund ist der Rechtsauffassung, dass diese Mittel zurückzugeben sind.“

Dass auch die Kommunen Spielräume haben, zeigt der schleswig-holsteinische Landkreis Pinneberg. Wie der dortige SPD-Kreischef Hannes Birke sagt, hatte der Kreis ein eigenes Programm zur Schulsozialarbeit, das er mit dem Geld des Bundes aufstockte. Die eine Million vom Bund, die jetzt wegfällt, gleicht der Kreistag mit 600.000 Euro aus seinem eigenen Budget aus.

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde geschnürt, nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, dass die Hartz-IV-Sätze die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ignorierten.

Finanziert werden Zuschüsse zu Mittagessen, Nachhilfe, Schulausflügen oder Vereinsbeiträgen, auch für Geringverdiener.

Viele Kommunen haben mit dem Geld auch Schulsozialarbeiter finanziert. Das Problem einer Stellenverlängerung war absehbar, weil das Teilhabepaket nur auf zwei Jahre angelegt war.

Mecklenburg-Vorpommern hat nach Auskunft von Sozialbehörden-Sprecher Christian Moeller vorgesorgt: „Wir haben ein Landesgesetz gemacht, wonach diese Mittel zweckgebunden ausgegeben werden müssen.“ Das Geld sei für die SozialarbeiterInnen vorgesehen gewesen, so dass die Restsummen zusammen mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds alle Stellen weiter finanzieren könnten.

In Niedersachsen gibt es voraussichtlich für ein Viertel der landesweit 300 Schulsozialarbeiterstellen keine Weiterfinanzierung. Man schätze „die wichtige Arbeit, die im Rahmen der schulischen Sozialarbeit geleistet wird“, heißt es zwar aus dem SPD-Kultusministerium in Hannover. Einen Ersatz für die Bundesmittel stellt das Land bislang aber nicht.

Von den 420 Millionen Euro etwa, die 2014 für die so genannten Zukunftsoffensive Bildung von Rot-Grün im Haushalt eingestellt sind, gibt es keinen Posten für Schulsozialarbeit. Einzig das so genannte Hauptschulprofilierungsprogramm planen die rot-grünen Regierungsfraktionen zu verlängern.

Rund 13 Millionen Euro jährlich wollen sie bis Ende 2015 für den Topf bereitstellen, aus dem Haupt-, Ober- und Kooperative Gesamtschulen und sozialpädagogische Maßnahmen insbesondere zur Berufsorientierung gefördert werden. Ursprünglich sollte das Programm 2014 auslaufen.

Zudem werde man weiter darauf pochen, dass die Bundesmittel für Schulsozialarbeit entfristet werden, erklärt das Kultusministerium. Einer entsprechenden Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen hatte sich Niedersachsen bereits im Frühjahr angeschlossen. Auch Bremen ist dabei.

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