Kinder kommunistischer Kader in China: Kaum kontrollierbar

Sie halten sich offenbar für unberühbar: Erneut landet ein Elitezögling in China vor Gericht. Diesmal ein 17-Jähriger, wegen Vergewaltigung.

Vor Gericht ist die Welt nicht mehr voller Seifenblasen: Li Tianyi. Bild: reuters

BERLIN taz | Schon wieder steht in China ein Sohn hoher KP-Kader vor Gericht, der sich offenbar für unberührbar hielt. Der Fall gibt einen Einblick in die Selbstherrlichkeit der Sprösslinge der neureichen roten Elite. Der 17-jährige Li Tianyi ist seit Mittwoch in Peking angeklagt, im Februar zusammen mit vier anderen nach einer Zechtour eine 23-jährige Frau in einem Hotel vergewaltigt zu haben.

Seine Vater ist ein bekannter Sänger patriotischer Lieder und im Rang eines Generals der Kulturakademie der Volksbefreiungsarmee. Auch die Mutter singt bei offiziellen Anlässen für die Armee.

Lis Anwälte plädierten vor Gericht laut chinesischen Medien auf „nicht schuldig“. Sie erklärten, es gehe um Prostitution und den Versuch, den Jungen zu erpressen. Nach Aussagen eines von der Beijing Times namentlich nicht genannten Zeugen zwang Li das Opfer unter Schlägen in das Hotel. Der Anwalt der Frau erklärte, sie sei inzwischen in psychiatrischer Behandlung.

Der Fall beschäftigt seit Wochen die Öffentlichkeit. Zur Prozesseröffnung am Mittwoch soll er das bei dem chinesischen Twitter-Pendant Weibo am meisten getweetete Thema gewesen sein.

Verschwunden in der Besserungsanstalt

Von Li Tianyi kursieren im Internet Bilder, in denen er vor Sportwagen posiert. Er machte in China schon als 15-Jähriger Schlagzeilen, als er mit seinem BMW ohne Autokennzeichen mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß und danach seine Unfallgegner schlug. Zeugen drohte er, ja nicht zu wagen, die Polizei zu rufen. Damals musste sich sein Vater öffentlich entschuldigen, Li verschwand für eine Jahr in einer Besserungsanstalt.

Das selbstherrliche und zügellose Verhalten von Kaderkindern schadet dem Ansehen der Kommunistischen Partei. Diese kämpft mit einem massiven Korruptionsproblem und ist um ihren Ruf besorgt.

Erst vergangene Woche hatte der Prozess gegen das in Ungnade gefallene Politbüromitglied Bo Xilai gezeigt, wie sein Sohn auf Luxusreisen Geld verprasste, das seine Eltern legal nie hätten verdienen können. 2010 wurde der Spruch „Mein Vater ist Li Gang“ zum Running Gag über die Verderbtheit der Elite. Der Ausspruch stammt vom Sohn eines Vizepolizeichefs. Dieser hatte eine Frau überfahren und den Umstehenden zugerufen, man könne ihm nichts anhaben, weil sein Vater Li Gang ein hoher Funktionär sei.

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