Kino-Geschichte: Angst vorm „Missionarskino“

Das Bremer Kommunalkino feiert in dieser Woche seinen 40. Geburtstag. Was heute etabliert ist, rief damals heftigen Widerstand der örtlichen Politik hervor.

Weg von der Filmrolle: Die Digitalisierung hat inzwischen auch das Bremer Kommunalkino erreicht. Bild: Archiv

BREMEN taz | Mit „Opas Kino“ waren in den politisch bewegten 70er-Jahren nicht nur die damals vorherrschenden kommerziellen Filme, sondern auch die Abspielstätten gemeint. In den neuen Kommunalkinos, so ihr Anspruch, sollten „andere Filme anders gezeigt werden“. Das brachte damals Presse wie Politiker auf die Palme, auch in Bremen – wo vor 40 Jahren eines der bundesweit ersten Kommunalkinos entstand.

Gegen „ideologisches Missionarskino“, das nicht viel mehr als ein „Forum zur Selbstbefriedigung politisch Gleichgesinnter“ wäre, wetterte damals sogar die sozialdemokratische Bremer Bürgerzeitung. Im Jahr darauf befürchtete der Bremer CDU-Abgeordnete Wolfgang Maas, das Kino könne eine „Gesellschafts- und Systemveränderung in einem chaotisch-maoistischen Sinne“ auslösen. Tatsächlich hatten die Gründer damals einen streng progressiven Anspruch. In der ersten Vorstellung des „K.K. Bremen. e.V.“ lief am 8. Mai 1974 „Kuhle Wampe“ von Bert Brecht und Slatan Dudow.

Im Viertelkino „Cinema“ dem „Atlantis“ und den „Mühlenberg-Lichtspielen“ in Lesum wurden in den ersten Programmen revolutionäre Werke aus Lateinamerika und Filme über die Arbeitswelt gezeigt. Viel provokanter war aber die Grundidee, dass die Filmkunst, genau wie Theater, Oper und die bildenden Künste öffentlich gefördert werden sollte. Diese Diskussion hält bis heute an, wenn die Betreiber Bremer Kinos klagen, dass das subventionierte City 46 ihnen Konkurrenz macht.

In den ersten Jahrzehnten konnte davon noch keine Rede sein. Das Kommunalkino war zur Untermiete im Cinema eingezogen und konnte dort seine Programme nur zu ungünstigen Zeiten zeigen, weil die Kinobesitzer ab 20.30 Uhr natürlich selber Kasse machen wollten. Dies änderte sich erst 1993, als es im Medienzentrum Walle ein eigenes Kino bekam und, nach der Hausnummer, in „Kino 46“ umbenannt wurde. Mit dem Vollprogramm waren dann auch größere Veranstaltungen, Filmreihen und Kooperationen mit anderen Kulturinstitutionen möglich. So wird jährlich seit 1995 zusammen mit der Uni Bremen ein internationales Symposium veranstaltet. In diesem Jahr geht es um „Film und Geschichte“, das Symposium beginnt heute und dauert bis zum Wochenende. Seit 1999 wird zudem, alljährlich im Januar, der „Bremer Filmpreis“ verliehen – zu den Preisträgern zählten Bruno Ganz, Tilda Swinton oder Lars von Trier.

In Walle etablierte sich das Kommunalkino, wurde auch regelmäßig für sein anspruchsvolles Programm ausgezeichnet, stieß jedoch durch seine dezentrale Lage auch an seine Grenzen. Durch den Umzug in das ehemalige City-Kino zwischen Bahnhof und Obernstraße hat sich die Situation des Kinos dann noch einmal grundlegend geändert. Statt früher 20.000 kommen jetzt etwa 30.000 BesucherInnen im Jahr. Ende des letzten Jahres wurde dann auch die inzwischen unverzichtbare Digitalisierung realisiert und bis 2016 wird der Verein mit 275.000 Euro im Jahr gefördert.

Gezeigt werden heute weniger Werkreihen und Erstaufführungen – sie sind nicht mehr so gut besucht wie noch vor einigen Jahren. Stattdessen entstehen noch mehr Programme zusammen mit Kooperationspartnern wie etwa dem Netzwerk Attac und der Jazzmesse „Jazzahead“.

Neu sind auch die filmpädagogischen Initiativen der beiden Programmgestalter Karl-Heinz Schmid und Alfred Tews. Zum einen wird in einem Seminarraum Filmwissen vermittelt, zum anderen wird die jährliche Schulkinowoche für das Bundesland vom Kommunalkino organisiert. Auszeichnungen bekommt das City 46 inzwischen für sein Kinderprogramm, das an den Wochenenden mit einer liebevoll selbst gebastelten Bühnenschau präsentiert wird.

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