Klage gegen Eurokrisen-Management: Einspruch lohnt sich

Rund 37.000 Bürger unterstützen den Gang des Vereins „Mehr Demokratie“ vor das Verfassungsgericht. Egal wie das Urteil ausfällt: Die Organisation profitiert.

Roman Huber, geschäftsführender Vorstand des Vereins „Mehr Demokratie“, bringt Ordner mit Klagen persönlich nach Karlsruhe. Bild: dpa

BERLIN taz | Monatelang haben sie dafür gearbeitet, dass sie am Mittwoch im Gerichtssaal mitzittern werden. Zwei aus dem Vorstand von „Mehr Demokratie“ sind von Berlin nach Karlsruhe gefahren, Vorstandssprecher Michael Efler und Geschäftsführer Roman Huber. Sie sind dabei, wenn das Bundesverfassungsgericht das Urteil zum Eurorettungsschirm ESM fällt.

Sie haben geklagt, weil sie ein Demokratiedefizit sehen. Einen EU-weiten Volksentscheid halten sie bei solch weitreichenden Entscheidungen für unabdingbar. 37.000 Bürgerinnen und Bürger tragen ihre Klage mit – das ist Rekord.

Bei dem Verfahren gegen die Vorratsdatenspeicherung unterschrieben 2007 knapp 35.000 Menschen. Bislang setzte sich „Mehr Demokratie“ vor allem für Volksbegehren ein. Vor Kurzem klagte der Verein zum ersten Mal in Karlsruhe – gegen das neue Wahlgesetz. Mit gut 3.000 Mitzeichnern.

Sie haben Bündnispartner ins Boot geholt, die ihrerseits alle ihre Mitglieder aufgefordert haben mitzumachen. Die meisten Zuschriften kamen dann von Menschen, die bislang nichts mit dem Verein zu tun hatten, sagt Efler.

Die Jagd nach Rekorden

Als in den Medien über die Klage berichtet wurde, gingen die Klickzahlen auf der Internetseite in die Höhe, und die Vollmachten kamen per Post – bis zu 2.000 an einem Tag. Die Mehr-Demokratie-Leute wissen, dass sich das Verfassungsgericht nicht von einer schieren Masse an Mitklägern beeindrucken lassen wird. Trotzdem: Es wuchs der Ehrgeiz, nun auch einen Rekord aufzustellen. Und so mehr Öffentlichkeit zu bekommen.

Das bedeutete eine Menge Arbeit. Die Formulare mussten alphabetisch sortiert werden, dafür kamen 20 Ehrenamtliche ins Vereinsbüro und beugten sich wochenlang auf dem Fußboden über die Papierstapel. Die erste Ladung brachte Geschäftsführer Huber persönlich mit dem Auto nach Karlsruhe. Die zweite schickten sie per Paketdienst: 66 Aktenordner verpackt in Pappkartons.

Es ist ein buntes Bündnis, das der Verein um sich geschart hat. Die Piratenpartei, die ödp, die Freien Wähler und das Bündnis Bürgerwille um den VWL-Professor Bernd Lucke sind dabei. Auch der Bund der Steuerzahler macht mit. Es mache Sinn, den juristischen Kampf zu bündeln, sagt dessen Präsident Reiner Holznagel. Auch diverse Kleinstparteien führt Mehr Demokratie als Unterstützer auf, etwa „Die Violetten“ („für spirituelle Politik“).

NPD unterstützt die Klage

Hauptsache, gegen ESM und Fiskalpakt? Efler widerspricht. „Wir arbeiten nicht mit Europagegnern zusammen.“ Die Abgrenzung tut Not, denn unter ESM-Kritikern sind auch viele rechtslastige Organisationen. Die rechtsextreme NPD hat ausdrücklich zur Mitzeichnung der Klage aufgerufen.

Über das Urteil will Efler nicht spekulieren. „Wir akzeptieren die Entscheidung.“ Über eines kann er sich mit seinen Mitstreitern in jedem Fall jetzt schon freuen: Ihr Verein Mehr Demokratie ist bekannter geworden und hat nach eigenen Angaben 250 neue Mitglieder hinzugewonnen.

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