Klage wegen Hormonpräparat Duogynon: Bayers blamabler Sieg

Der Rechtsstreit über mögliche Missbildungen durch ein Hormonpräparat von Bayer ist beigelegt. Die Ansprüche der Opfer sind verjährt, sie zogen die Klage zurück.

Duogynon Opfer wohnen dem Prozess bei (Archivbild). Bild: dpa

BERLIN taz | Der jahrelange Rechtsstreit über mögliche Missbildungen durch den hormonellen Schwangerschaftstest Duogynon ist beendet: Das Kammergericht in Berlin teilte am Montag mit, der Kläger André Sommer habe die Berufung gegen die Bayer Pharma AG zurückgenommen. Damit sei das Urteil des Berliner Landgerichts aus dem Juli 2012 rechtskräftig. Damals hatte das Gericht Sommers Haftungsklage auf 50.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz bereits zum zweiten Mal abgewiesen: Die Ansprüche seien spätestens seit 2006 verjährt.

Der bayerische Grundschullehrer André Sommer, dessen Mutter 1975 Duogynon zur Feststellung der Schwangerschaft eingenommen hatte, wollte vor Gericht klären lassen, ob das Hormonpräparat verantwortlich war für die Missbildungen an Blase und Harnröhre, mit denen er 1976 geboren wurde. Doch diese Frage hatte in den diversen Verhandlungen nie eine Rolle gespielt; immer nur war es um die Verjährungsfrage gegangen.

„Wegen des erheblichen Prozessrisikos“, sagte Sommer nun, habe er sich entschieden, „den zivilrechtlichen Klageweg nicht weiterzugehen“. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Berufungsgericht sich nicht mit der inhaltlichen Klärung des Falls befassen könne, sei „zu groß“. Zudem erwarteten seine Frau und er ein zweites Kind.

Der Pharmakonzern Bayer weigert sich seit Jahren, seine firmeninternen Archive zu Duogynon zu öffnen. Teile dieser Unterlagen lagern derzeit im Landesarchiv Berlin und werden frühestens Ende 2020 freigegeben. Ein Anwalt des Konzerns betonte immer wieder, Duogynon sei von vielen Behörden geprüft worden. Auch ein dreijähriges staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren in den 80er Jahren habe die Vorwürfe nicht bestätigt.

Sommer, sein Berliner Rechtsanwalt Jörg Heynemann und Hunderte Menschen, die ihre angeborenen Behinderungen dem Schwangerschaftstest Duogynon zuschreiben, hatten zuletzt Dokumente aus England vorgelegt, die vor einer fruchtschädigenden Wirkung von Duogynon bereits Ende der 60er Jahre warnten. „Bayer konnte bisher nur durch die Verjährung vor Gericht gewinnen, aber nicht durch Fakten oder Studien“, sagte Sommer. Dies sei „blamabel für einen Weltkonzern“. Er fordere weiterhin Aufklärung.

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