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Klimaanpassung im urbanen RaumDie Stadt braucht neue Blätter

Ohne Bäume gibt es keine klimaresiliente Stadt. Doch welche Arten trotzen Hitze und Trockenheit? Der kleine Klimabaum-Check.

Stadtbäume wachsen in engen Baumscheiben heran Foto: Rolf Poss/imago

Berlin taz | Sie kühlen die Umgebung, sorgen für saubere Luft und binden CO2: Wer auch in Zeiten des Klimawandels lebenswerte Städte will, braucht gesunde Bäume in Parks, Gärten und auf den Straßen. Doch leicht gemacht wird es ihnen dabei nicht. Stadtbäume wachsen in engen Baumscheiben heran, versiegelte Flächen lassen nur wenig Regenwasser an ihre Wurzeln und der aufgeheizte Asphalt macht es im Sommer besonders heiß.

Die sich häufenden Trocken- und Hitzeperioden setzen gerade typischen Stadtbaumarten immer weiter zu. Sie sind anfälliger für Schädlinge und Pilze, verlieren vorzeitig ihr Laub oder neigen zu Astbruch. „Um Wasser zu sparen, stellen Bäume teilweise die Wasserversorgung ganzer Astgruppen ein“, erklärt Ulrich Sommer vom hessischen Fachzentrum Klimawandel und Anpassung. Dadurch sind manche Äste von innen so trocken, dass sie selbst bei mäßigem Wind brechen und zur Gefahr für Menschen und Infrastruktur werden.

Soll man also alte Stadtbäume fällen und durch robuste neue Arten ersetzen? Es dauert Jahrzehnte, bis ein junger Baum etwa in Sachen Kühlung auch nur annähernd so wirksam ist wie ein alter Baum“, sagt die Forstwissenschaftlerin und Baumkontrolleurin Daniela Antoni. Sie empfiehlt deshalb, vorhandene Stadtbäume künftig noch besser zu schützen. Doch daneben brauche es auch neue Bäume in den Städten, sagt Antoni.

Nichtheimische Baumarten aus wärmeren Regionen haben oft bessere Strategien, um mit Hitze und Trockenheit zurechtzukommen. In Kombination mit Frosthärte macht sie das zu vielversprechenden Kandidaten für nord- und mitteleuropäische Städte.

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„Natur ist nicht statisch“

Wer jetzt fürchtet, der Japanische Schnurbaum und der Amerikanische Amberbaum könnten hiesige Sorten aus den Städten verdrängen, kann beruhigt sein: Es gibt auch einheimische Arten, die potenziell mit den Klimaveränderungen zurechtkommen. Laut Daniela Antoni ist der wichtigste Aspekt bei künftigen Baumpflanzungen in der Stadt zudem die Vielfalt. Je vielfältiger der Artenmix, desto resistenter ist das Stadtgrün gegen unvorhergesehene Klimaveränderungen und neue Krankheiten.

Zusammengefasst sind vielversprechende Klimabäume für die Stadt hitze- und trockenresistent, weisen eine geringe Astbruchgefahr auf und haben eine ausladende, dichte Krone, die Schatten spendet. Zudem wachsen sie schnell heran, sodass sie schon früh einen Beitrag zur Kühlung leisten.

Welche Baumarten sich tatsächlich etablieren werden, wird die Zukunft zeigen. „Natur ist nicht statisch“, sagt Forstwissenschaftlerin Antoni. Einige Bäume, die noch vor wenigen Jahren als Hoffnungsträger galten, leiden inzwischen unter neuen Krankheiten wie der Rußrindenkrankheit, die etwa den Berg- und Spitzahorn betrifft.

Trotzdem mangelt es nicht an einer Auswahl potenzieller Kandidaten für klimaresiliente Stadtbäume. Die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, ein Zusammenschluss kommunaler Grünflächenverwaltungen, hat eine Liste mit 65 „Zukunftsbäumen für die Stadt“ erstellt. Einige von ihnen stellen wir hier vor – und vergleichen sie mit etablierten Stadtbäumen.

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14 Kommentare

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  • Dazu: „Sommeridyll im Speckgürtel": taz.de/Die-Wahrheit/!6102868/



    -- und:



    „Kein Mensch will es gewesen sein.



    Die Wahrheit ist in diesem Falle:



    Mehr oder minder warn wir‘s alle!“



    (Eugen Roth - über die NS-Zeit)



    Dieses Fazit kann eins zu eins zur Klimakrise gezogen werden.

  • Richtig, die Robinie ist eine invasive Art, die Biodiversität vernichtet. Auch in Städten spielt das eine Rolle, da viele Tierarten mittlerweile im Siedlungsraum bessere Überlebensbedingungen finden, als in einer völlig ausgeräumten, pestizidvergifteten Landschaft. Mit der Robinie verlieren sowohl heimische Tiere ihre Nahrungsgundlage, als auch heimische krautige Arten Lebensraum.

    Es gibt genug stadtgeeignete heimische Baumarten, dazu gehören neben der o.g. Silberlinde zum Beispiel Flaumeiche, Hopfenbuche, Mehlbeere (von der es dutzende Unterarten mit verschiedenen Wuchsformen gibt) oder Blumenesche. Und nein, einige dieser Arten sind heute nicht (mehr) in Deutschland heimisch. Doch das spielt überhaupt keine Rolle, denn heimisch kann man nicht nach administrativen Grenzen definieren, sondern nur nach floristischen. Die eumitteleuropäische Florenregion reicht vom Baltikum bis in die Alpen, von Mittelfrankreich bis nach Rumänien. Hält man sich daran, gibt es genügend Auswahl an trockenheits- & hitzeverträglichen heimischen Arten, die nicht wie exotischen Baumarten aus Nordamerika oder Ostasien hierzulande die Biodiversität schädigen, sondern sie im Gegenteil sogar fördern.

  • Bei Bäumen sollte auch immer mitgedacht werden, welche Fauna sich dort aufhält - also Insekten und Vogelarten, die sich widerum von ihnen ernähren. Pflanzt die Stadt jetzt Bäume aus anderen Klimazonen oder Kontinenten, geht Biodiversität verloren, wenn das nicht mitgedacht wird. Ein Baum ist nie 'nur' ein Baum sondern eine 'Gemeinschaft' sehr vieler Organismen. Daher empfiehlt es sich, heimische Arten zu wählen, die klimaresilient sind. Einige Baumschulen möchten vermutlich gern ihre teuren Exoten verkaufen - das geht aber auf Kosten der Biodiversität heimischer Arten.

  • In einem Feature hörte ich über die Veränderungen in den traditionellen Wäldern, dass Wildkirsche eine interessante Alternative sei.



    Auch zu Douglasie fand ich Infos.



    "Douglasie, die anpassungsfähige



    Die Douglasie verfügt über viele, an ökologische Bedingungen angepasste Lokalrassen. Die Wahl der richtigen Herkunft ist daher einer der wichtigsten Faktoren für das erfolgreiche Wachstum dieser Baumart."



    Eher für Park oder Stadtrand.



    Bei waldwissen.net

    Eine schöne Ergänzung:



    goodnews-for-you.d...edten-wichtig-ist/

    • @Martin Rees:

      Wer Douglasien pflanzt, tötet Singvögel.

      Im Winter ist in den Kronen von Douglasien nahezu kein Insektenleben zu finden. Für bei uns überwinternde insektenfressende Vögel eine Katastrophe.

      Vergleiche: Goßner, M. (2004): Diversität und Struktur arborikoler Arthropodenzönosen fremdländischer und einheimischer Baumarten – Ein Beitrag zur Bewertung des Anbaus von Douglasie (Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco) und Roteiche (Quercus rubra L.). Neobiota 5, S. 1–241

      • @katka-42:

        Danke!



        Der Hinweis zur Biodiversität ist durchaus zutreffend und wertvoll, aber in meinem Umkreis stehen keine Douglasien, dafür kaum noch Wallhecken und sehr, sehr viel Mais.



        Die Pflanzen selbst sind hierzulande häufig weniger das Problem als die Menschen als EntscheiderInnen.



        Mit guter Wissenschaft ist dem aber, worauf Sie hinwiesen, ab und zu dann erfolgreich zu begegnen.

    • @Martin Rees:

      Danke für den guten Beitrag. Aber es beantwortet nicht die im Artikel gestellte Frage, ob wir nun vorhandene, kämpfende Arten abholzen sollten und dafür Jahrzehntelang auf die nachwachsenden Alternativen warten sollten.

      • @Susette Racer:

        In Dortmund, im Waldgebiet "Kurler Busch", ging/geht man zunächst den Weg der Ausdünnung, denn der Baumbestand war/ist zu dicht, dadurch ist dann die ökologische Situation nur weit oben vorerst scheinbar günstig.



        So sagt die Fachwelt jedenfalls, die auch alte Eichen nicht verschonte.



        "...aus dem Zentrum des Feuchtgebietes ragen abgestorbene Bäume empor. Ein randlicher, junger Erlenfeuchtwald wird flächig von Wasser überspannt. Der Kurler Busch ist ein (fast) reines Laubwaldgebiet. Flächig dominieren Eichenmischwälder mit zumeist mittlerem Baumholz und dichter Strauchschicht, örtlich bilden Hainbuchen die untere Baumschicht. Kleinflächig sind Bucheninseln mit mittlerem bis starkem Baumholz ausgebildet. Im Südosten südlich des Hundedressurplatzes wächst ein forstlich weitgehend unbeeinflusster, lichter, von Hochstauden durchsetzter Sukzessionswald, floristisch geprägt durch eutraphente und neophytische Vegetationselemente."



        Quelle



        bsundo.de/natursch...biet/kurler-busch/

  • Zum Klima in der Stadt gehört auch die Pflasterung u. die vertikale Begrünung d. Fassaden.



    Beispiel Hannover:



    www.hannover.de/Le...-in-der-Innenstadt

    Bäume könnten prinzipiell auch neu durch Züchtung geschaffen werden, bei anderen Pflanzen hatte das für die Landwirtschaft ziemlich gut funktioniert, wie ich an der Vermaisung auf jedem Hundespaziergang ziemlich gut sehen kann.



    Aus Paris kam früher die Robinie.



    "Die Robinie wurde in Frankreich bereits 1601 wegen ihrer auffallenden Blüte aus Nordamerika eingeführt. Schwerpunkt ihres Anbaus lag zunächst in Parks. Forstlich wurde ihr Anbau in Deutschland vor allem auf den armen Sandböden in Brandenburg gefördert, da sie mit Trockenheit zurechtkommt und die Böden als stickstoffbindende Art verbessert.



    Heute sind vor allem ihre Eigenschaften als ökologisch interessanter Baum von Interesse. Neben landschaftsästhetischen Aspekten spielt sie als Bienenweide, zur Befestigung..."



    lwf.bayern.de



    Ein Weg...

    • @Martin Rees:

      Top Beitrag.



      Aber: Alten Bestand Abholzen und ersetzen oder erstmal belassen? Was wäre Ihr Vorschlag?



      Danach wurde im u.A. im Beitrag gefragt.

  • Einen Baum möchte ich noch empfehlen, der in Deutschland seit vielen Millionen Jahren einheimisch ist, sehr resilient gegen Trockenheit, frosthart, windfest, hitzebeständig und auch mit kargen, steinigen Böden wunderbar zurechtkommt.



    Der Französische oder auch Burgenahorn genannte Acer Monsplessulanum.



    Im Sommer 2018 hat es bei mir von Mai-November nur 35 mm Niederschlag gegeben und die hinter meinem Haus im Felshang stehenden Bäume haben nicht mal Laub abgeworfen.



    Sehr hübsch ist er auch mit seinen zierlichen, dreilappigen Blättern.



    U.a. bei uns an der Nahe und im Mittelrheingebiet ist er in größeren Beständen zu finden.



    Unser Revierförster lobt ihn sehr.

    • @Chnutz vom Hopfen:

      Danke für die aus Ihrer eigenen Praxis stammende Empfehlung.



      Also: Vorhandenes Abholzen und ersetzen und bei Null anfangen?



      Mein Vorschlag: Den Teer/Pflasterung um ein paar cm rundum aufreissen und den vorhandenen Bäumen mehr Spielraum geben.



      Weil Forst... das dauert. Da haben unsere Kinder, wenn sie in Rente gehen evtl. etwas davon.