Klimagipfel, Greta und Großbritannien: Genau so, nur andersrum!

Von der Leyen hat sowas wie einen Klimaplan, Madrid bloß Klimahäppchen und die Bahn nicht mal Sitze. Das Klima zum Wochenbeginn.

Ursula von der Leyen unter Lampen

Ursula von der Leyens Plan ist wenigstens ein Hauch von einer Idee Foto: François Lenoir

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Deutsche Bahn ist sauer, dass Greta Thunberg ein „ich habe keinen Sitzplatz mehr bekommen“-Foto von sich postet. Obwohl sie erster Klasse gereist sei.

Und was wird besser in dieser?

Lufthansa postet: „Bei uns nur Sitzplätze“.

Großbritannien hat gewählt, und Labour verloren: Welche Lehren kann man in Deutschland aus dem Ergebnis ziehen?

Corbyn hätte sich den Wuschelwahlkampf von Schulz’ SPD angucken und davon lernen können

Eine Opposition verbessert ihre Chancen, wenn sie eine Opposition ist. Johnson hat die ehedem auch pro-europäischen Tories mit Zucht und ohne Ordnung auf eine Aussage stranguliert: „Get Brexit done“. Labour dagegen bot ein Sammelsurium ebenso vernünftiger wie widersprechender Bastelbögen, „May be Brexit, may be not, let’s talk a while and perhaps have some more referendums, or would you like to have some cones with the tea?“

Kurz und umgekehrt: Corbyn hätte sich den Wuschelwahlkampf von Schulz’ SPD angucken und davon lernen können. Wenigstens Rücktritt, etwa. Mit einem klaren „Stay“ hätte Labour kaum schlechter abschneiden können, wäre jetzt aber moralisch integer.

Ein EU-Mitglied Schottland – bekommen wir das nun? Und wollen wir das?

Für 2019 hatte die Bundesbank 1,6 Prozent Wachstum angekündigt, dies auf 0,6 gesenkt und schließlich wieder sacht erhöht. Was dem Begriff „Prognose“ einen dezenten Retro-Charme verleiht

Leider nein, gerne ja. Gelänge es den Schotten, aus dem United Kingdom aus- und in die EU wieder einzusteigen – wäre Spanien sogleich Katalonien los. Die EU müsste Schottland vom Nicht-EU-Mitglied Großbritannien weglocken – und zugleich Katalonien zum Verbleib beim EU-Partner Spanien verdonnern. Absurde Position. Davor sei Boris Johnson – der Mann verdankt seine jähe Karriere einem Referendum und wird deshalb den Schotten erklären, warum sie auf gar keinen Fall eins bekommen.

Im Juni dieses Jahres hatte die Bundesbank für 2020 ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent vorausgesagt. Diese Prognose hat sie nun nach unten korrigiert, 2021 soll es wieder aufwärts gehen. Haben solche Experten mehr drauf als ökonomische Bauernregeln?

Für 2019 hatte die Bundesbank 1,6 Prozent Wachstum angekündigt, dies auf 0,6 gesenkt und schließlich wieder sacht erhöht. Was dem Begriff „Prognose“ einen dezenten Retro-Charme verleiht. Volkswirte – das sind diese Leute, die uns null vor Finanzkrise und Bankencrash gewarnt haben, am nächsten Morgen jedoch präzise wusste, was der Staat jetzt ganz dringend tun müsse. Äh … Bevölkerungswirte, eigentlich.

Eine Mehrheit in Deutschland spricht sich für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer aus. Warum kommt sie trotzdem nicht?

Urselchens Mondfahrt ist immerhin ein Bild, eine Idee eines Aufbruchs

Rot-Grün hatte dunnemals den „Spitzensteuersatz“ auf 42 Prozent gesenkt – mehr zahlten auch Milliardäre nicht. Dies wurde 2007 mit der „Reichensteuer“ ergänzt, längs derer 0,22 Prozent der Steuerpflichtigen immerhin 45 Prozent zahlen. Das wird noch mal komplizierter durch die Fortführung des Soli für vermögendere Mitbürger. Ohne sich derer zu sehr zu barmen – auch sie hätten ein Recht, grob verstehen zu können, was mit ihrer Kohle passiert. Das Steuersystem stakt mit seinen Gipfeln im Nebel.

Im Kampf gegen die Erderwärmung haben sich die EU-Staaten auf das Ziel eines klimaneutralen Europas bis 2050 geeinigt. Der am vergangenen Mittwoch von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen vorgestellte „Green Deal“ soll als Fahrplan dienen. Kommt die EU damit pünktlich an?

Urselchens Mondfahrt ist immerhin ein Bild, eine Idee eines Aufbruchs. Jetzt müssen sie einfach alles anders machen als beim Weltklimagipfel in Madrid, dann wird’s.

Die Unesco hat die Tradition des Alpinismus in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Ist das nicht etwas zu hoch gegriffen?

In der parallelen Liste des „materiellen Kulturerbes“ sind die Alpen mit 17 besonders geschützten Stätten verzeichnet. Nun sollte die Unesco mit der Unesco klären, ob künftig Weltkulturerben auf Weltkulturerbe herumkraxeln dürfen oder man den Alpinsport auch aus Sicherheitsgründen etwa in die Lüneburger Heide verlegt. Die scheiterte 2013 beim Versuch, kanonisiert zu werden. Bergsteiger dürfen sich jetzt ein Bapperl auf den GoreTex nähen, das Logo der „immateriellen“ sieht aus wie das der „materiellen“ nach einem schweren Verkehrsunfall. Letzterer wurde überraschend nicht als besonders schützenswerte deutsche Kulturleistung aufgenommen bisher. Alternativ erwäge ich, mir die blauweiße Raute des Denkmalschutzes auf den Oberarm tätowieren zu lassen, cooles tribal und „im Falle eines Nuklearkrieges zu verschonen“.

Am Dienstag stellt die Internationale Astronomische Union neue Namen für sogenannte Exoplaneten vor – auch aus Deutschland kamen Vorschläge. Wie würden Sie gerne einen Planeten nennen?

HD32518b. Muss sich erstens keiner umgewöhnen, der Bursche hieß bisher auch schon so. Und zweitens vergesse ich ständig Passwörter.

Und was machen die Borussen?

Die Presse lobt Trainer Favres Systemumstellung. So weit erkennbar, geht es so, dass man schwachen Gegnern wie Düsseldorf oder Mainz neun Buden reinhaut. Funktioniert bisher.

Fragen: waam

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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