Klimakrise lässt Wirtschaftskraft sinken: Die Hitze macht uns ärmer

Wenn es heiß ist, laufen viele Arbeiten schleppend, die Produktivität sinkt. Das wurde bisher unterschätzt.

Eine Orange liegt auf dem vertrockneten Ackerboden

Der Temperaturanstieg wird nicht nur der Umwelt, sondern auch der Wirtschaft schaden Foto: ap/Fernando Bustamante

BERLIN taz | Wer sich im Hitzesommer ins Büro ohne Klimaanlage schleppt, kann das gut nachvollziehen: Hohe Temperaturen bremsen die Produktivität. Bisher dachte man, 1 Grad Erwärmung über ein Jahr bedeute für ein Land auch etwa 1 Prozent weniger Wirtschaftsleistung – Bauarbeiten laufen schleppender, die Arbeiten auf dem Feld werden mühsamer.

Eine neue Studie vom Berliner Mercator-Institut MCC und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Journal of Environmental Economics and Management legt nun nahe: Der Verlust liegt bei 1 Grad Erderwärmung wohl eher bei 3 Prozent, fällt also deutlich größer aus als zuvor angenommen.

Für die Wirtschaft in einem ungebremsten Klimawandel, der die Erde bis 2100 um zusätzliche 4 Grad aufheizt, hieße das: Manche Staaten könnten bis zum Ende des Jahrhunderts allein durch die Hitze bis zu 10 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung verlieren. In ärmeren Gegenden in den Tropen sieht es noch dramatischer aus. Dort droht die Wirtschaft um bis zu 20 Prozent einzubrechen.

Das Szenario mag apokalyptisch klingen, entspricht aber ziemlich genau dem Emissionspfad, auf dem wir uns derzeit befinden. Die Studie vergleicht Daten aus 77 Staaten, schaut aber auch auf Ebenen darunter, nämlich auf 1.500 Regionen. Wie so häufig könnten demnach einige Länder im Globalen Norden sogar noch ihren Nutzen daraus ziehen, weil es weniger extreme Kältetage gibt und die Landwirtschaft profitiert.

Unfaire Hitzefolgen

Tropenländer, die ohnehin schon ärmer sind, kann es dagegen besonders hart treffen. Prognostiziert wurden dabei nur Temperaturdaten – ökonomische Verluste etwa durch einen höheren Meeresspiegel, mehr Überflutungen oder mehr Unwetter wurden nicht berücksichtigt.

„Die Ergebnisse haben beträchtliche Folgen für die Klimapolitik, speziell für die CO2-Preisgestaltung“, meinen (oder besser: hoffen) die AutorInnen. Denn mit höheren ökonomischen Schäden klettern auch die „sozialen Kosten des Kohlenstoffs“. Das ist das Geld, mit dem die Schäden einer Tonne CO2 ausgeglichen werden müssen.

Bisher lag der Wert nach Kalkulationen des US-amerikanischen Wirtschaftsnobelpreisträgers William Nordhaus bei 37 US-Dollar. Die neue Studie kommt nun auf das Doppelte bis Vierfache: 73 bis 142 US-Dollar richtet eine 2020 emittierte Tonne CO2 zu den Preisen von 2010 an.

Nur zur Erinnerung: Der Preis für eine Tonne CO2 liegt im EU-Emissionshandel derzeit bei etwa 25 Euro, da soll auch der deutsche Emissionshandel ab 2021 ansetzen. Viel zu wenig, meinen die AutorInnen: „Nach dem Verursacherprinzip müssten sie deutlich nach oben angepasst werden.“

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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