Klimapolitik von Donald Trump: Talententwicklung mal anders

Die Regierung Trump sorgt in ihren Behörden neuerdings für ein konformeres Betriebsklima. Indem Klimaexperten gerne mal wegbefördert werden.

Ein Pferd läuft vor einer farbgewaltigen Wolke davon

Armageddon is coming – aber doch nicht menschengemacht Foto: reuters

NEW YORK taz | Wenn die Herbststürme beginnen, geht es in Kivalina, Shishmaref und Shaktoolik ums schiere Überleben. Die Orte auf den kleinen Inseln direkt vor der Nordwestküste von Alaska waren bislang durch See-Eis geschützt. Doch seit sich das Eis immer später im Jahr bildet, bekommen sie die Sturmwellen ungebremst ab. Das tobende Wasser bedroht die Ufer, die Häuser und die Existenz der Menschen.

Im Innenministerium der US-Regierung in Washington arbeitete Joel Clement als Direktor der Abteilung für Politik-Analyse an Szenarios für den lang befürchteten „Super-Sturm“. Der langjährige Mitarbeiter und Klimaforscher entwickelte Evakuierungspläne für den Notfall und suchte nach Möglichkeiten für langfristige Umsiedlungen. Am 15. Juni wurde er versetzt. Jetzt arbeitet er in der Buchhaltung, wo er Lizenzgebühren von Kohle- und Mineralölkonzernen eintreiben soll.

Die Spitze des Ministeriums spricht von „Talententwicklung“. Clement hingegen hält sich für strafversetzt. Er glaubt, er soll zur Kündigung gedrängt werden, weil seine Arbeit nicht ins Weltbild der Trump-Regierung passt. Diese bestreitet, dass der Klimawandel menschengemacht ist, und hat bereits über 30 Umweltregeln zum Wasser-, Luft- und Bodenschutz gekippt.

Nach Angaben aus der Regierung wurden allein im Innenministerium im Juni rund 50 weitere leitende Beschäftigte versetzt. Ihre vorherigen Zuständigkeitsgebiete reichten von Tierschutz über Wasserschutz, Geologie und Landnutzung bis hin zur Klimakatastrophe.

Unternehmensvertreter kennen die Bedürfnisse besser

Diese Neuausrichtung und Zensur bei allem, was nicht den Anschauungen der Trump-Regierung entspricht, findet auch in anderen Regierungsstellen statt. Schon im Januar wies die Spitze des Landwirtschaftsministeriums ihre Beschäftigten an, das Wort „Klimawandel“ zu vermeiden.

In der Umweltbehörde EPA hat der neue Chef Scott Pruitt den BeamtInnen verboten, über ihre Arbeit zu sprechen, und alle Dokumente über den Klimawandel von den Webseiten gelöscht. Dann wandte er sich gegen einzelne WissenschaftlerInnen. Unter anderem kündigte er die Verträge mit jedem zweiten Mitglied des 18-köpfigen wissenschaftlichen Beratergremiums der EPA.

Allein im Innen­ministerium wurden 50 leitende Beschäftigte versetzt

Als Ersatz für die Fachleute lagert die Regierung Aufträge an private Berater aus oder wirbt Personal aus der Industrie an. Unternehmensvertreter würden die Bedürfnisse ihrer „Community“ am besten kennen, sagt EPA-Chef Pruitt, deshalb seien sie qualifiziert, über Umweltauflagen zu entscheiden. Trumps Umwelt-Berater Myron Ebell hat Beamten erklärt, wer mit der Regierungspolitik nicht einverstanden sei, solle schweigen oder gehen.

Schon im April, als Tausende WissenschaftlerInnen in der Hauptstadt Washington und an anderen Orten der USA gegen den neuen Obskurantismus der Regierung protestierten, war der Druck spürbar. Die WissenschaftlerInnen demonstrierten zwar trotzig mit Slogans wie „Wir kämpfen seit 1543 gegen die Kräfte von Ignoranz und Aberglaube“. Aber viele wollten nicht riskieren, namentlich zitiert zu werden und mit Foto in die Medien zu kommen.

„Gefahren für unsere Kinder und Enkel“

Manche der Betroffenen im Inneren des Apparats schweigen resigniert. Andere beenden ihr Berufsleben. In den zurückliegenden sechs Monaten haben Tausende BeamtInnen in den bedrängten Behörden Rentenanträge eingereicht. Die meisten wollten länger bleiben. Mit ihnen verschwindet das Fachwissen einer Generation. Hinzu kommt, dass viele der Stellen wegen der Personalkürzungen im öffentlichen Dienst nicht mehr besetzt werden.

Wieder andere Beschäftigte ziehen sich mit einem Paukenschlag zurück. Im westlichen Bundesstaat Washington kritisiert EPA-Klimapolitikberater Mike Cox in seinem öffentlichen Rücktrittsschreiben, dass die Regierung ihre Aufgabe in Sachen Gesundheitsschutz und Sicherheit von Menschen, Land, Wasser und Tieren nicht erfülle. Ebenfalls in der EPA gab zuletzt die langjährige Direktorin für Wissenschaft und Technologie in der Wasserabteilung auf. Nach 40 Jahren in der Behörde mahnte Elizabeth Southerland vor „Gefahren für unsere Kinder und Enkel“ durch die „Deregulierung der Industrie“.

Klimaforscher Clement hingegen hat sich entschieden zu bleiben. Er wird derzeit für die Buchhaltung angelernt und kämpft gleichzeitig dafür, an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. In Alaska ist die Klimaerwärmung stärker spürbar als irgendwo sonst auf dem Planeten. Die Bevölkerung der Orte, um die sich Clement bislang gekümmert hat, kann nicht mehr lange warten.

„Es ist eine harte Zeit für Beamte“, sagt Clement. Er hofft, dass alle, „die es können“, bleiben, um Trump die Stirn zu bieten.

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