Klimaschutz per Smartphone: App in die Zukunft

Schon heute gibt es viele Smartphone-Anwendungen, die das Klima schützen. Und ein Blick in die Glaskugel sagt: Da geht noch mehr.

eine Frau hält ein Smartphone in ihren Händen

Nicht nur High-Tech-Spielerei? Manche Apps helfen tatsächlich, das Klima zu schützen Foto: unsplash/ Raychan

BERLIN taz | Wie sich der eigene Lebensstil auf das Klima auswirkt, darüber machen sich in ihrem Alltag immer noch zu wenige Menschen groß Gedanken. Fast alle aber haben inzwischen ein Smartphone in ihrer Tasche – Geräte, die freilich selbst die Umwelt belasten. Doch lassen sich diese intelligenten Telefone auch als Tools nutzen, um der Umwelt und damit dem Klima etwas Gutes zu tun. Als vibrierende Erinnerungen an die Erwärmung der Erde können sie das Verhalten von Menschen nachhaltig verändern.

Und diese Veränderung fängt mit dem Konsum selbst an. Etwa mit der App „Shpock“, die wie ein digitaler Flohmarkt funktioniert. Anstatt also ein neues Smartphone zu kaufen, können die Nutzer*innen sich hier anmelden und nach einem gebrauchten Gerät suchen. Anders als etwa bei Ebay werden die Produkte über diese App nicht per Post verschickt – was wiederum die Umwelt belasten würde. „Shpock“ lässt Menschen in der Nachbarschaft handeln. Die angebotenen Waren lassen sich nämlich nach Entfernung filtern und können dann persönlich begutachtet, abgeholt und bezahlt werden. Im besten Fall werden so nicht nur gebrauchte Gegenstände erworben und vor dem Müll gerettet, sondern auch neue Bekanntschaften geknüpft.

Wenn es doch neu gekaufte Produkte sein müssen, gibt es diverse Apps, die den Konsument*innen Informationen darüber geben können, ob diese etwa bedenkliche Inhaltsstoffe enthalten. Mit „Codecheck“ kann der Barcode von Waren gescannt werden. Die App zeigt an, ob Kosmetikprodukte Mikroplastik enthalten oder mit Palmöl hergestellt wurden. Ersteres verschmutzt das Wasser, für Letzteres wird der Regenwald gerodet. Mit der „Replace Plastic“-App wiederum haben Kund*innen eine Möglichkeit, die Verpackungen aktiv zu verändern. Und das geht so: den Barcode eines Produkts scannen, von dem man der Meinung ist, dass es in zu viel Plastik verpackt ist. Dieses Feedback wird von den Betreibern der App dann an die Hersteller weitergeleitet. So wird das Smartphone zu der Möglichkeit des Protests im Kleinen – bei jedem Einkauf erneut.

Sind die Produkte erst gekauft, stehen im Regal, liegen im Kühlschrank, gibt es einige Apps, die aus diesen Waren das Bestmögliche machen. Weniger Abfall bedeutet nicht nur weniger schlechtes Gewissen und perspektivisch mehr Geld im Portemonnaie. Auch belasten wir dadurch weniger die Umwelt. Denn jedes Stück Fleisch, jedes industriell angebaute Gemüse oder Obst verbraucht Energie und Wasser. Mit der App „Zu gut für die Tonne“ lassen sich leckere Gerichte aus Resten herstellen. Prominente Köch*innen wie Sarah Wiener oder Johann Lafer bieten hier Rezepte an, für die nicht extra neue Lebensmittel gekauft werden müssen, sondern die aus dem entstehen, was übrig blieb.

Besser aufs Leihfarrad statt aufs Auto

Solche Reste lassen sich derweil mit der App „Too Good to Go“ finden. In dieser bieten Mensen, Supermärkte oder Bäckereien Essen feil, das sie nicht mehr zum vollen Preis verkaufen können. Es handelt sich um Lebensmittel, die weggeworfen würden, weil die Kundschaft um sie einen Bogen macht. Nicht mehr zur Gänze frisch, nicht wohlgeformt – aber dennoch ohne Einschränkung genießbar. Die App zeigt an, welche Märkte diese Lebensmittel verkaufen. Für einen verringerten Preis bekommen die Kund*innen einen Korb mit verschiedenen Produkten – sie sparen Geld und schonen die Umwelt.

Um diese Märkte dann auch zu erreichen, bieten sich allerlei Apps an, die eine grüne Mobilität vorantreiben wollen. So etwa Fahrrad-Apps, die von diversen Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Besonders in Metropolen lassen sich mit diesen Leihfahrräder finden, die in der Nähe stehen. Auch die Bezahlung läuft über die App ab. Anstatt ein Auto zu mieten oder gar zu besitzen, kann man sich besser aufs Fahrrad setzen und so den CO2-Fußabdruck gering halten. Zusätzlich gibt es in jeder größeren Stadt auch Apps, die einem die schönsten Fahrradwege vorschlagen.

Das sind einige der vielfältigen Möglichkeiten, schon heute mit Apps ein umweltbewussteres Leben zu führen. Viele dieser Apps erinnern die Benutzer*innen immer wieder daran, dass sie benutzt werden möchten. Sie machen so im Alltag bewusst, dass man kleine Schritte in die richtige Richtung tun kann – alleine durch Konsumverhalten oder ein bestmögliches Ausnutzen der gegebenen Ressourcen.

Doch wollen wir ja auch in die Zukunft blicken. Und da bilden sich mit ein wenig Fantasie App-Clouds am Horizont, die einen schwärmen lassen. Die folgenden Apps gibt es leider noch nicht, sollten und könnten aber dringend von jemandem entwickelt werden.

Fleisch scannen

Wie wäre es etwa mit einer App, die uns sagt, wie viel Energie wir gerade mit unseren Apps verbrauchen? Denn die brauchen Server, die mit viel Strom versorgt werden wollen. Strom, der sehr oft nicht aus Wind- oder Sonnenenergie gewonnen wird. Vorstellbar wäre eine Anzeige auf dem Display des Smart­phones, die einem ständig vorhält, wie viel Energie das Scrollen auf Instagram heute schon gekostet hat. Gerne auch mit Vergleichswerten: „Mit deinem heutigen Instagram-Energie-Verbrauch könnten zwei Mehrfamilienhäuser versorgt werden.“

Da sich unsere Smartphones sowieso immer mehr mit der gesamten Umgebung vernetzen – Stichwort Smart-Home – wieso dann nicht auch mit dem Auto? Besser gesagt mit dem Motor des Autos. Dieser könnte stoppen oder gar nicht erst anspringen, wenn ein bestimmter CO2-Wert erreicht ist. Das Messen übernimmt die App. Ab dann sind nur noch Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel erlaubt.

Und auch die Scan-Funktionen der in jedem Smartphone eingebauten Kameras sollten weiter ausgebaut werden. Einhergehend mit immer besseren digitalen Linsen, sollte auch die Tiefe des Scans vergrößert werden. Wieso nur Barcodes scannen? Wieso nicht gleich das Produkt selbst? Fleisch zum Beispiel. Eine App könnte 2025 die Struktur des Gewebes scannen und den Benutzer*innen genau aufschlüsseln, wie viel Wasser verbraucht und wie viel Methangas das Tier produziert hat. Zusätzlich kann die App auch anzeigen, wie viele Antibiotika im Fleisch vorhanden sind und welche Auswirkungen diese im Körper des Menschen haben können.

Schlussendlich: Würden wir das Jahr 2050 erleben, wir trügen spätestens dann sowieso alle Chips unter unserer Haut. Mit diesen ließen sich dann vielfältige App-Ideen umsetzen. Wie viel CO2 haben wir heute schon produziert? Welche Bereiche der Erde haben wir durch unser Konsumverhalten heute schon beeinträchtigt? Freilich könnten diese Chips auch produktiv genutzt werden, statt nur an uns rumzumäkeln: Sie wollen gleich in ein Flugtaxi steigen, um zur Arbeit zu fahren? Die App weiß durch die Mikrochips, dass drei Personen fünf Straßen weiter gerade genau das Gleiche tun werden – also lenkt die App kurzerhand das Flugtaxi um, damit alle vier Personen in einem sitzen. Oder sie wollen im Supermarkt gerade zu einem belasteten Stück Fleisch greifen? Hat der Chip in Ihrem Hirn registriert – und die App auf Ihrem Smartphone fragt Sie, ob Sie sich das wirklich gut überlegt haben. Eine gute Alternative wäre doch das Stück Seitan zwei Regale weiter.

Und sollte in der Zukunft der Planet komplett im Eimer sein, setzen Sie sich einfach ihre Virtual-Reality-Brille auf, laden die App runter, die einen Wald samt Baumgeruch und -rauschen simuliert, lehnen sich zurück und versetzen sich sich in die Zeit, als es noch Natur gab. Eine schöne, verblassende Erinnerung.

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