Klimaschutz und Wachstum: Die Welt retten und gut verdienen

Die Kanzlerin will den Klimaschutz beim G20-Gipfel zum Topthema machen. Eine OECD-Studie soll ihr dafür Argumente liefern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit zwei Männern. Hinter ihr steht Umweltministerin Barbara Hendricks

Klimadialog konkret: Die Kanzlerin mit dem Premier der bedrohten Fidschi-Inseln Bainimarama Foto: dpa

BERLIN taz | So weit ist es mit dem Kapitalismus schon gekommen: Ausgerechnet der Klimaminister des kommunistischen China erklärte am Dienstag seinen KollegInnen den grünen Kapitalismus. Beim „Petersberger Klimadialog“ in Berlin dozierte Xie Zhenua in der großen Debattenrunde unter den 35 Länderdelegierten aus seiner Sicht die Erfolge der Volksrepublik: Im vergangenen Jahrzehnt die Wirtschaftsleistung verdoppelt, Millionen Menschen aus der Armut geholt, 32 Millionen grüne Jobs geschaffen, die Energie heute 38 Prozent effizienter genutzt und seit drei Jahren weniger Einsatz von Kohle bei rapidem Ausbau der erneuerbaren Energien.

„Wir können die Wirtschaft wachsen lassen und gleichzeitig das Klima schützen“, sagte Xie und blickte geradewegs über den großen runden Tisch zur Vertreterin der USA. „Das muss eine Priorität für uns alle sein.“

Judith Garber, die US-Delegierte, blieb stumm. Die Weigerung ihrer Regierung, sich zum Pariser Klimaabkommen zu bekennen, war bei diesen traditionellen informellen Beratungen der „Elefant im Raum“, wie viele Teilnehmer sagten: Alle wollten wissen, was die USA nun wollen, kaum jemand fragte laut.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die neben einer Rede den Delegierten Rede und Antwort stand, könnte das tun. Sie trifft US-Präsident Donald Trump in zwei Tagen beim G-7-Gipfel und Anfang Juli bei den G 20 in Hamburg. „Ich versuche, die Zweifler zu überzeugen“, sagte Merkel, ebenfalls mit Blick zu Garber. „Da bleibt Arbeit.“

Staaten könnten bei der Kohle-Rechnung sparen

Gekommen war die Bundeskanzlerin, weil sie das immer so macht. Und um sich Munition für diese Debatten in den G 20 und mit den USA abzuholen: Präsentiert wurde eine von Deutschland in Auftrag gegebene Studie der OECD (Investieren ins Klima, Investieren ins Wachstum), die für Klimaschutz mit wirtschaftlichen Argumenten wirbt.

Die Rechnung der Ökonomen aus dem Club der Industrieländer: Bis 2030 müssen jedes Jahr Infrastruktur wie Straßen, Städte und Fabriken für weltweit 6,3 Billionen Dollar gebaut werden. Für nur 0,6 Billionen mehr „können diese Investitionen so gestaltet werden, dass wir eine gute Chance haben, unsere Klimaziele zu erreichen“, heißt es in der Studie. Diese Mehrkosten würden aber mehr als ausgeglichen durch die 1,6 Billionen, die die Staaten bei ihrer Kohle- und Ölrechnung sparen würden.

OECD-Chef José Angel Guría

„Erhebt am besten eine dicke fette Steuer auf CO2

Anders als bisherige Studien sieht die OECD keine Einbußen beim Wirtschaftsprodukt durch den Klimaschutz. Schon 2021 könne das Wirtschaftsprodukt im G-20-Durchschnitt um 1 Prozentpunkt mehr wachsen als ohne Klimaschutz, bis 2050 sogar um 2,8 Prozentpunkte. Rechne man dazu, welche Ausgaben durch Vermeidung von Klimaschäden gespart würden, wachse dieses Plus sogar auf fast 5 Prozentpunkte für 2050.

Kein Wachstum ohne eine veränderte Wirtschaftspolitik

Der Grund für den Optimismus der OECD: Die Preise für Erneuerbare fallen weiter und die ­G-20-Länder müssten ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik ohnehin umkrempeln: weg von einer fossil ausgerichteten, veralteten Wirtschaft, hin zu grüner Dynamik. „Noch 2010 war Grün und Wachstum für viele ein Gegensatz“, sagte OECD-Generalsekretär José Angel Guría. „heute können wir die Weltwirtschaft nach der Krise wieder aufrichten, indem wir sie an den Klimazielen ausrichten.“

Das wird nicht für alle Länder einfach. Darauf wies in der Diskussion auch Khalid al-Faliih hin, der saudische Ölminister. Wie genau denn „grüne Finanzen“ aussähen, fragte er. Für Merkel und die OECD heißt die Antwort „inklusives Wachstum“: Verlierer der weltweiten Energiewende müssten berücksichtigt werden – ob Kohlekumpel in der Lausitz oder saudische Haushalte, denen eine Streichung von Ölsubventionen auf die Brieftasche schlägt.

Das wichtigste Instrument für die globale Energiewende? Guría hat eine Idee: „Erhebt am besten eine dicke fette Steuer auf CO2!“ Bislang nämlich würden nur 10 Prozent aller CO2- Emissionen mit den nötigen 30 Dollar pro Tonne belastet. 60 Prozent aller Klimagase würden überhaupt nicht besteuert.

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