Klinik-Privatisierung in Hamburg: Hamburg übern Tisch gezogen

Der „Spiegel“ deckte Details zum Verkauf der städtischen Kliniken Hamburg auf. Der Krankenhausverband verlangt, den Handel rechtlich zu prüfen.

Weg mit Schaden? Das Hochhaus des Klinikums in Hamburg-Altona Foto: Christian Charisius/ dpa

HAMBURG taz | Der Spiegel wühlt den Konflikt um die 2004 privatisierten Hamburger Kliniken neu auf. Im aktuellen Heft berichtet das Magazin nicht nur über Zustände in den Klinken, sondern auch über das Vertragswerk, mit dem der damalige CDU-Senat die Krankenhäuser an Asklepios verkauft hat. Die Stadt besitzt zwar 25,1 Prozent ihrer Anteile, doch ihre drei Vertreter im Aufsichtsrat haben offenbar wenig zu sagen.

Sollten sie etwa gegen einen von Asklepios vorgeschlagenen Geschäftsführer stimmen, hat sich die Stadt zu deren Abberufung verpflichtet. Auch bei der Wahl der Aufsichtsratmitglieder ließ sich Hamburg laut Spiegel dazu verpflichten, „ihr Stimmrecht zu Gunsten der vom Investor vorgeschlagenen Personen“ auszuüben. Zudem könne Asklepios wichtige Fragen über den Wirtschaftsplan und Gewinnziele im Alleingang entscheiden.

„Wer glaubt haben sollte, dass zum Verkauf des früheren Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg schon alles gesagt war, wird sich ungläubig die Augen reiben“, kommentiert dies Bernhard Ziegler vom Interessenverband kommunaler Krankenhäuser. Da Vermögensschäden für Hamburg nicht ausgeschlossen werden könnten, sollte nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen von Amts wegen einleiten und die „Geheimverträge“ überprüfen, fordert er.

Doch bei der Staatsanwaltschaft ist dies „derzeit kein Thema“, wie eine Sprecherin erklärt. Man lese keine Zeitung, um dort nach Ermittlungsansätzen zu suchen. Die Linksfraktion fordert dagegen Aufklärung im Parlament.

Das Nachrichtenmagazin Spiegel wirft dem Asklepios-Konzern vor, auf dem Rücken von Ärzten und Pflegekräften Gewinne zu erwirtschaften. In diesem Jahr hätten die Pflegekräfte der sieben Kliniken mit rund 5.200 „Gefährdungsanzeigen“ auf den Personalmangel aufmerksam gemacht.

Eine Sonderprüfung kündigte daraufhin Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storks (SPD) an.

Die Asklepios-Kliniken Hamburg GmbH erklärte, hohe medizinische Qualität und Sicherheit stünden bei ihnen an erster Stelle. Unabhängige Untersuchungen bestätigten demnach, dass man im deutschen Krankenhaussektor führend sei.

Seinen Gewinn hätte die Firma wieder komplett in die Kliniken investiert und nicht einen Cent abgezogen. In Hamburg habe man seit 2004 mehr als 600 Millionen Euro aus Eigenmitteln investiert, erklärt der Konzern.

„Es gibt den Verdacht der Schädigung städtischer Interessen“, sagt deren Abgeordneter Deniz Celik. Die Gesundheitsbehörde könne heute die Personalausstattung in den Kliniken kaum noch kontrollieren. Celik will nun SPD und Grüne um Hilfe bei einem Aktenvorlageersuchen bitten. Ob das Aussicht auf Erfolg hat, ist fraglich: Die Linke hatte bereits im Januar 2015 vergeblich die Offenlegung dieser Verträge beantragt. Als die damalige CDU-Alleinregierung den umstrittenen Deal durchsetzte, war die Linke noch nicht im Parlament.

Und SPD und Grüne erklären, sie wissen Bescheid: „Dass der Vertrag für städtische Interessen suboptimal ist, ist nicht unbekannt“, sagt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Es gebe eine „echte Schlagseite“. Die CDU habe damals schlecht verhandelt. Gleichwohl seien die Verträge „nicht sittenwidrig“. Man versuche nun, den wenigen Einfluss „robuster“ zu nutzen.

Der Asklepios-Konzern reagiert mit einer Stellungnahme auf den Spiegel-Bericht, will sich auf taz-Anfrage aber nicht zu den Verträgen äußern. Der damals federführende Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) wies im Abendblatt alle Vorwürfe zurück. Es gebe keine Geheimabsprachen, sondern „einen Kaufvertrag und einen Gesellschaftervertrag“. Es sei doch „völlig klar, dass ein Unternehmen, das eine Mehrheit von 74,9 Prozent kauft, auch die Geschäfte führt und den Geschäftsführer bestimmt“. Die Verträge hätten offengelegen, sagt er, und die Abgeordneten sie gesehen.

In der Tat gab es im Januar 2005 schon eine Aktenvorlage. Einer, der reinguckte, war der SPD-Politiker Martin Schäfer. „Ich ging davon aus, dass die Verträge juristisch in Ordnung sind“, sagt der heute. „Möchte jemand das juristisch überprüfen, soll er es tun.“ Das fordert nun die parteilose Abgeordnete Dora Heyenn. „Der Senat muss die Verträge rechtlich untersuchen lassen.“ Außerdem gehörten sie veröffentlicht.

Heyenn hält eine Volksinitiative für denkbar, die den Senat auffordert, „alles erdenkliche für eine Re-Kommunalisierung der Kliniken zu tun“.

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