Kliniken kosten viel mehr Geld: Das Hansen-Desaster

Bremen hat seine vier kommunalen Kliniken zu GmbHs gemacht. Wenn es eng wird, muss die Stadt dennoch einspringen. Derzeit fehlen gut 100 Millionen Euro

Wird um 36 Millionen Euro teurer: der Teilersatz-Neubau des Klinikums Mitte Bild: kawe

„Das Konzept, den Neubau am Klinikum Mitte über eine Bürgschaft zu finanzieren, ist gescheitert“, sagt Peter Erlanson. Er ist Aufsichtsrat bei der Holding der kommunalen Kliniken, der Gesundheit Nord (Geno), und zwar auf der Arbeitnehmerbank derjenige, der mit Abstand die meisten Stimmen bekam und damit das größte Vertrauen bei den rund 5.000 Beschäftigten des Klinikverbundes genießt.

Dieses Konzept, das Bremen nach dem Scheitern des Modells einer „partnerschaftlich“ privaten Finanzierung (PPP) gewählt hatte, sah vor, dass der Klinikverbund die Investitionen selbst finanziert und nur durch die öffentliche Bürgerschaft vom Vorteil des niedrigen Kommunal-Zinssatzes profitiert. „Finanziert“ werden sollten die Kredite über Einsparungen vor allem bei den Personalkosten.

Aber der unter dem früheren Geno-Geschäftsführer über Jahre durchgesetzte Personalabbau ist de facto gestoppt. „Da gibt es eine Grenze, und die ist erreicht“, sagt Erlanson. Als die neue Geno-Chefin Jutta Dernedde jüngst berichtete, dass eine „ad hoc“-Warnung für das Klinikum Bremen-Nord einen Jahresverlust von acht bis elf Millionen Euro als „worst case“ befürchtet, da war auch klar: Die Verluste sind breit gestreut über das ganze Leistungsspektrum, in manchen Fällen musste das Klinikum Patienten abweisen, weil es an medizinischem Personal fehlte: „Kapazitätsengpässe“ habe es gegeben, notiert der „ad hoc“-Bericht. Zudem gebe es „Marktveränderungen“.

Offenbar können die drei anderen kommunalen Kliniken durch den Vertrauensverlust am Klinikum Mitte nicht automatisch mit positiven Effekten rechnen. Am Klinikum Mitte prognostiziert eine „ad hoc“-Warnung ein Defizit von 24,7 Millionen Euro als „worst case“. Gleichzeitig verzögert sich die Fertigstellung des Teilersatz-Neubaus um ein Jahr und wird um 36 Millionen Euro teurer – nur rund acht Millionen davon sind auf neue Hygiene-Bauplanungen zurückzuführen. Der frühere Geno-Chef Diethelm Hansen hatte in seiner forschen Art den Eindruck erweckt, er habe alles im Griff, auch die Baukostenplanung, das war wohl eine Täuschung. Auch das organisatorische „Zentren-Konzept“ zur Neuorganisation der fachlichen Einheiten der vier kommunalen Kliniken ist in der von Hansen vorangetriebenen Form gescheitert – von elf „Geschäftsführungen“ solcher Zentren sind gerade drei noch besetzt.

Da sich die Fertigstellung des Neubaus verzögert, treten Einspareffekte durch die effektivere Organisation erst später ein. Auch das sprengt die Planung – nicht zu reden von den erforderlichen Sanierungs-Investitionen in Bremen-Ost. Trotz der Haushaltslage wird also die Stadt Bremen für seine Kliniken in die leere Tasche greifen müssen – Größenordnung 100 Millionen und mehr.

Dabei ist der linke Oppositionspolitiker Erlanson von dem neuen Trio, das die Gesundheit Nord führt, durchaus positiv überrascht: Anstelle von „Hansen, Hansen über alles“ und einer eher blassen Senatorin Ingelore Rosenkötter würde die neue Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) die Fäden durchaus in der Hand halten. Und mit der neuen Geno-Chefin Jutta Dernedde könne man offen auch über die Probleme reden. Die Atmosphäre im Aufsichtsrat habe sich vollkommen geändert.

Das Problem ihrer teuren Spaziergänger hat die Geno bisher allerdings noch nicht gelöst: Der im Herbst „freigestellte“ Chef Hansen kassiert immer noch im Monat mehr als 20.000 Euro. Wenig erfreut war man im Hause Jürgens-Pieper, als jüngst die Nachricht die Runde machte, dass er sich in Australien verlustiere. Jürgens-Pieper hatte darauf gesetzt, dass er als „Workaholic“ sich selbst schnell wieder Arbeit sucht und dann von selbst kündigen muss. Laut Vertrag steht ihm noch bis 2016 Gehalt zu.

Der andere Spaziergänger ist der Kinderklinik-Chef Hans-Iko Huppertz, den Hansen gefeuert hatte. Vor dem Arbeitsgericht hat Huppertz dagegen erfolgreich geklagt, die Verhandlungen mit ihm – er soll wieder zurückkommen als Chef der Kinderklinik – stehen nun kurz vor dem Abschluss.

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