Knäste in Großbritannien: Isolationshaft für Jugendliche

Eine Untersuchung über die Zustände in zwei Haftanstalten beklagt mangelnde Fürsorge. Ein Viertel der Straftäter werde tagsüber weggesperrt.

Blick in die Zelle, hier in eine der JVA Wuppertal-Ronsdorf. Bild: dpa

LONDON taz | Zwischen 20 und 25 Prozent Jugendlicher und junger Männer im Alter von 15 bis 21 Jahren in einer der größten Jugendstrafanstalten in London befinden sich laut einem unabhängigen Untersuchungsbericht der Inspektoren britischer Strafanstalten zumindest zeitweilig in Einzelhaft. Besonders problematisch sei dies, wenn die Einschlüsse während der Hauptstunden des Tages erfolgten, also gerade zu jener Zeit, in welcher es Zugang zu Arbeits- und Erziehungsprogrammen gäbe. Manche Jugendliche hätten nur eine Stunde Ausgang, was nach allen Richtlinien völlig unzureichend ist.

Der Bericht über die Strafanstalt Feltham A und Feltham B im Westen Londons, wo nahezu 700 Personen interniert sind, sei dabei typisch für andere Jugendstrafanstalten, behaupten die Inspektoren. Zudem verzeichne die Anstalt überproportional hohe Levels von Gewaltanwendungen, sowohl unter den Jugendlichen als auch als Angriffe auf Angestellte.

Nach Meinung von Frances Crook, der Direktorin von der Strafreformlobbygruppe Howard League, steht die Gewalt mit der Frustration junger Menschen in Zusammenhang, die keine geistige und körperliche Anregung erfahren würden.

Im Vergleich zu Deutschland, sie besuchte persönlich vor kurzem die Strafanstalt Tegel in Berlin, sei der Ausbildungsgrad der Angestellten in Großbritannien mangelhaft für einen Einsatz, der eigentlich hochqualifizierte Angestellte benötige. Auch in Holland, Frankreich und Schweden habe sie Besseres gesehen.

Für England erwartet sie auch in Zukunft keine Veränderungen: „Schon seit 30 Jahren ist es so in Feltham“, sagt Cook. „Es mangelt weiterhin an jeglichem ernsthaften Interesse, die Situation in den Strafanstalten zu verbessern, meint sie, obwohl die Öffentlichkeit genau dies fordere. Positiv sei einzig, dass aufgrund von Kürzungen in den Etats der Polizei fast 60 Prozent weniger Kinder und Jugendliche in Strafanstalten gesteckt würden.

Regierung relativiert den Bericht

Das Resultat der gegenwärtigen Lage sei zwangsläufig, dass bis zu 70 Prozent der Jugendlichen wieder straffällig würden, „mit schlimmerem Verhalten in Bezug auf Drogen, Sex und Gewalt“. Die Inspektoren konnten dennoch leichte Verbesserungen in der Aufnahme von Jugendlichen registrieren. Auch sei das Verhalten der Angestellten durchweg professionell.

Aufseiten der Regierung akzeptierte man den Bericht, obwohl man den Prozentsatz der Isolationshäftlinge als übertrieben betrachte. Es handele sich nur um einen kleinen Teil der Inhaftierten, die sich in Einzelhaft befänden. Michael Spurr, der Leiter der nationalen Stelle für das Management von Strafgefangenen (Noms), lobte Feltham: „Der Leiter Felthams und seine Angestellten haben die Herausforderungen nicht unterschätzt, da die jungen Menschen besonders gefährdet seien, in einer Gangkultur steckten und sehr gewalttätig seien.“ Insgesamt seien die Fortschritte seit dem letzten Bericht vor einem Jahr aber doch bedeutend.

Ein Sprecher der britischen Gefängnisdienste gab ferner an, dass Isolationshaft nur so wenig wie möglich benutzt werde, und nur wenn das Verhalten der Jugendlichen besonders gefährdend und gewalttätig sei. „Es gibt klare Grenzen, wie lange junge Menschen in Isolationshaft gelassen werden dürfen“, hieß es in einer Erklärung. Diese dürfe nicht als Strafmaßnahme angewendet werden.

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