Koalitionsdeal von SPD und CDU in Berlin: "Liebeserklärung an unsere Stadt"

Die große Koalition steht: Die SPD spricht von einem mit roter Tinte geschriebenen Vertrag, die CDU sagt, beide Seiten würden sich darin wiederfinden.

Lobte den Koalitionsvertrag: CDU-Landeschef Frank Henkel. Bild: dapd

BERLIN taz | SPD und CDU haben in Berlin bei Landesparteitagen ihre unterschriftsreif gemachte Koalitionsvereinbarung beschlossen. Bei den Sozialdemokraten gab es allerdings überraschend viele Gegenstimmen. Für das Bündnis mit der CDU, mit der die Partei letztmals vor zehn Jahren als kleiner Partner regiert hat, sprachen sich nach zweistündiger Diskussion nur 79 Prozent der Delegierten aus. Selbst 2002, bei der anfangs höchst umstrittenen Koalition der Sozialdemokraten mit der damaligen PDS, war der Widerstand nicht größer. Die CDU-Basis hingegen winkte die Koalitionsvereinbarung einstimmig und ohne Aussprache durch.

Die Kritik auf der einen und die einhellige Zustimmung auf der anderen Seite waren so nicht absehbar. Naheliegend war vielmehr, dass zumindest einzelne der rund 300 CDU-Delegierten kritisieren würden, dass ihr Landeschef Frank Henkel in den Koalitionsverhandlungen nicht mehr für die Union herausgeholt hat. Die CDU war etwa mit der Forderung nach Lehrerverbeamtung und Aufwertung des Religionsunterrichts gescheitert.

Die SPD wiederum schien auf eine größere Zustimmung zuzusteuern, weil sie sich in fast allen zentralen Fragen durchsetzen konnte. Zudem zerlegen sich die Berliner Grünen derzeit auf eine Weise, die eine anfangs in der SPD favorisierte rot-grüne Koalition wenig verlockend macht.

Nach der Wahl am 18. September zum Berliner Abgeordnetenhaus hatte die SPD sowohl mit den Grünen als auch mit der CDU Sondierungsgespräche geführt und sich dann für Verhandlungen über eine rot-grüne Koalition entschieden. Diese Gespräche scheiterten aber schon nach einer Stunde - offiziell, weil sich die beiden Parteien beim Thema Autobahnbau nicht einigen konnten. Tatsächlich aber erschien es dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit merklich zu riskant, mit einer knappen Mehrheit zu regieren - Rot-Grün hätte im Abgeordnetenhaus 76 von 149 Stimmen gehabt, nur eine mehr als die absolute Mehrheit von 75.

Mit der CDU hat Wowereit zusammen 86 Stimmen. Genug, um am Donnerstag sicher zum vierten Mal nach 2001, 2002 und 2006 zum Regierenden Bürgermeister gewählt zu werden. Er sah sich beim Berliner SPD-Parteitag in seiner Skepsis gegenüber den Grünen bestätigt und nannte deren Berliner Landesverband "nicht regierungsfähig".

Auch die CDU ließ die Chance nicht ungenutzt, gegen die Grünen auszuteilen. Die seien derzeit nicht nur meilenweit vom Regieren entfernt, sondern auch zur Oppositionsführerschaft nicht in der Lage, war beim Parteitag von Generalsekretär Hermann Gröhe zu hören.

Sein Kabinett will Wowereit, anders als bei der zweiten Auflage der rot-roten Koalition 2006, erst nach seiner Bestätigung als Regierungschef ernennen. Als sicher gilt aber, dass CDU-Landeschef Henkel das Innenressort übernimmt. Während die SPD von einem mit roter Tinte geschriebenen Koalitionsvertrag sprach, sah Henkel darin "ein Programm, in dem sich beide Seiten wiederfinden". Und: "vor allem eine Liebeserklärung an unsere Stadt".

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