Kolumne 30C3 – Tag 2: Nicht alles hat einen tieferen Sinn

Rohrpost, Google Russland und Menschen, die Snowden nicht kennen. Was wir am zweiten Tag des 30C3 gelernt haben.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Suche nach der Steckdose losgeht. Bild: dpa

Wer malte diese Nullen und Einsen, wer ist eigentlich in Russland, und wer ist Edward Snowden? Was wir auf dem zweiten Tag des 30C3 gelernt haben.

1. Nicht alles auf dem 30C3 hat einen tieferen Sinn. Zum 30C3 verwandelt sich der 70er Jahre-Bau des Congress Center Hamburgs (CCH). Das H im Logo der Außenfassade wird abgeklebt, und durch ein leuchtendes C ersetzt. Durch die von den Helfern angebrachten gelben Röhren an den Balkonen außen und an den Decken innen schießt Rohrpost. Und die Halle „Revolution #9“, die Partyhalle, schmücken sie mit Autowracks und einer österreichischen Telefonzelle, die ebenfalls an die Rohrpost angeschlossen ist. Doch anstatt zu tanzen, rechnen zwei der Teilnehmer wild herum. „Wir versuchen herauszufinden, was die Nullen und Einsen der Wanddeko bedeuten sollen.“ Es folgt eine krude Zusammenreihung von Konsonanten, die weder auf Englisch, noch auf Deutsch entschlüsselt werden kann. Die beiden Männer sind sichtlich enttäuscht.

2. Es gibt Menschen, die noch nie etwas von Edward Snowden gehört haben. Mit rund 500 Teilnehmern war die Freiheit statt Angst Demo zwar nicht die größte ihrer Art, doch auffällig war die Truppe mit dem lauten Technosound trotzdem am Becken der Binnenalster. Doch die sonst so schmückenden Papiermasken von Chelsey Manning und Co. fehlten. Eine Ausnahmeregelung des Vermummungsverbotes habe Hamburg leider nicht genehmigt, sagt Kai-Uwe Steffens, einer der Organisatoren.

„Wir wollen euch nicht überwachen, wir haben da keinen Bock drauf“, versucht die Rednerin Katharina Nocun, Piratin und Mitglied des AK Vorrat, die Hacker und Systemadministratoren zu überzeugen, selbst zu Edward Snowdens zu werden. Auch Hacker Jacob Appelbaum fordert, „ihr solltet dem Verfassungsschutz und dem BND beitreten und sie verändern“. Am Straßenrand ruft mich eine etwa 30-jährige Frau herbei und fragt, wogegen die Menschen denn demonstrieren würden. Überwachung, antworte ich. Sie guckt so verdutzt, dass ich entgegne: „Haben Sie von Edward Snowden gehört?“ – „Wem? Nein, wer ist das?“

3. Googelt man auf dem Kongress über das zentrale W-Lan, wird man automatisch zu google.ru weitergeleitet. Deshalb gehört „Wieso steht da eigentlich Google Russland?“ zu den fünf Sätzen, die wir in den vergangenen zwei Tagen am häufigsten gehört haben. Außerdem: Hast du ma 'ne Steckdose? Es kann doch nicht so schwer sein ein freies Sofa zu finden. Weißt du, in welchem Stock wir sind? Nicht saugen, du musst blasen. (Im Zusammenhang mit der von Staubsaugern betriebenen Rohrpost).

4. Der CCC hat 4.500 zahlende Mitglieder und sie werden mehr. Wie viele nicht zahlende Mitglieder es gibt, sagten die Sprecher beim großen Jahresrückblick nicht. Doch appellierten sie, bitte nicht den ganzen Mahnablauf abzuwarten, sondern einfach zu bezahlen. Nach dem Choas Communication Congress, der traditionell im Dezember stattfindet, treten die meisten Neuen in den Hackerverein ein. Auf der Grafik, die die Neueintritte zeigt, gibt es jedoch noch andere Ausschläge.

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So gab es im Juni eine Snowden-Eintrittswelle, nachdem die britische Tageszeitung The Guardian die Bespitzelungs-Affaire des NSA veröffentlichte. Im September, nachdem der CCC Apples Fingerabdrucksensor hackte, traten ebenfalls viele Hacker ein. Doch dann sei da noch diese mysteriöse Spitze im Mai gewesen, sagt Constanze Kurz, CCC-Sprecherin, die sich auf kein großes Nachrichtenereignis zurückschließen ließ. Doch sie haben sich die Neumitglieder genauer angesehen und das Geheimnis gelüftet: Die Kontaktstelle für Information und Technologie der TU Kaiserslautern sei komplett eingetreten.

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Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

im Produktentwicklungsteam der taz im Netz. taz seit 2012.

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