Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: So schlecht steht es nicht um die Welt

Trotz Terror – es wird immer mehr gereist​. Und während Mittelmeerländer wie Tunesien, aber auch Marokko darben, ist Spanien der Gewinner.

Touristen vor der Kathedrale

Glücklich im vollen Barcelona. Foto: Imago/Westend61

Es ist wahrscheinlich, dass Sie in nächster Zeit auf Gomera mit einem Hirten die Pfeifsprache „El Silbo“ trällern, im Observatorium von Teneriffa Sternbilder gucken, auf La Palma mit Töpfer Ramón die Kunst der kanarischen Ureinwohner bewahren, sich am Strand von Garrucha mit Engländern um die Restliegen prügeln. Denn Spanien ist der große Gewinner. Der Profiteur des Terrors rund ums Mittelmeer. Spanien ist ausgebucht!

Wer will sich schon mit der Kalaschnikow beim Sonnenbad erschießen lassen? Die Urlauber meiden Ägypten, Tunesien und Marokko kommt mit in Sippenhaftung. Die arabische Welt im Abseits, die Türkei immer mehr. Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im syrischen Grenzgebiet ist das Land als Pauschalreiseziel für russische Touristen verschlossen. Der Kreml stoppte alle Charterflüge. Und nach dem Anschlag in Istanbul wächst die Angst vor Terror in der IS-verseuchten Türkei.

Doch trotz Terrorgefahren und politischer Krisen wird gereist wie nie zuvor. Nur die Ziele ändern sich. Die Zahl der Auslandsurlauber stieg 2015 nach Angaben der Welttourismusorganisation im Vergleich zum Vorjahr weltweit um 4,4 Prozent auf fast 1,2 Milliarden So traurig scheint es um die Welt nicht bestellt. Die Deutschen liegen immer noch ganz vorn, die Wirtschaft läuft rund, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Sprit billig. Das senkt die Reisekosten.

Terroranschläge haben in der Regel mittel- und langfristig keine größeren Folgen. Sie werden vergessen. Für die Menschen in Tunesien und Ägypten, die vom Tourismus leben, ist es dennoch fatal. Sie sind doppelt bestraft: von den Terroranschlägen und der anschließenden internationalen Isolation.

Den wirtschaftlich gebeutelten Spaniern gönnt man den Tourismusboom. Man muss nur mit der heiligen Jungfrau von Guadeloupe beten, dass sie vor lauter Überschwang nicht auch noch die Restschönheit ihrer Natur, ihrer Küsten in Beton gießen und ihrer korrupten Kaste an der Wahlurne danken für dieses terrorbedingte Geschenk.

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