Kolumne Der rechte Rand: In der Freizeit ein Hammerskin

VW kündigte einem Neonazi wegen rechtsextremer Aktivitäten. Das Arbeitsgericht Braunschweig erklärt die Kündigung für nichtig.

Ein Aufmarsch schwarz gekleideter Neonazis. Alle tragen schwarze Fahnen.

Was tun mit rechtsextremen Mitarbeitern? VW hat es mit einer Kündigung versucht Foto: dpa

Rechtsextreme Freizeitaktivitäten sind kein Kündigungsgrund. Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht Braunschweig den Rauswurf von Denniz Kiebitz für nichtig erklärt. Das Volkswagenwerk Salzgitter hatte Kiebitz vergangenen Sommer wegen rechtsextremer Aktivitäten entlassen. Kiebitz wehrte sich – zu Recht, fand das Gericht: „Was der Mann in seiner Freizeit auch getan haben könnte, es stellt keinen Verstoß gegen seine Pflichten als Arbeitnehmer dar.“

Im Werk sind die politischen Aktivitäten Kiebitzens schon lange bekannt. Bereits 2013 organisierte er als Mitglied der Neonazi-Bruderschaft „Hammerskins“ ein bundesweites „National Officer Meeting“ im Dorfgemeinschaftshaus in Werlaburgdorf im Landkreis Wolfenbüttel. 30 Anhänger kamen.

Am 9. Juni 2017 störte der VW-Mitarbeiter mit einer Gruppe von 15 Rechtsextremen ein Konzert im „Bierkönig“ auf Mallorca mit einer Reichskriegsflagge und der Parole „Ausländer raus“. Nicht nur die Sängerin Mia Julia Brückner wollte sich das nicht bieten lassen, sondern auch andere Gäste. „Macht sofort die Scheiße da runter“, rief Brückner von der Bühne und sang mit ihren Fans „Nazis raus“ und „Jeder Nazi ist ein Hurensohn“.

Nach Buhrufen wurde die Gruppe aus der Partylocation hinausgedrängt. Brückner erklärte auf Facebook: „Ich werde niemals in meiner Gegenwart geschweige während meines Auftrittes diverse Flaggen, Handzeichen oder ähnliches tolerieren noch akzeptieren und schon gar nicht einfach weiter performen, nur weil es der ‚einfachere Weg‘ wäre … Hass, Gewalt und Schmerzen haben auf unseren Partys nichts zu suchen!!!!“

Der Vorfall fand Widerhall in den Medien. Auf Facebook erfuhr die Sängerin großen Zuspruch. Das Braunschweiger Bündnis gegen Rechts erkannte Kiebitz auf Fotos, welche die rechtsextreme Reisegruppe feiernd im „Bierkönig“ oder mit Hitler-Gruß am Strand zeigen. Im Werk sollen damals Kollegen den Druck gegen Kiebitz erhöht haben. VW reagierte: Der Mitarbeiter musste einen Anhörungsbogen mit mehreren Fragen beantworten. Einen Monat nach dem Vorfall auf Mallorca wurde ihm fristlos gekündigt. Auch der Betreiber einer Diskothek in Braunschweig, wo der VW-Mitarbeiter als Türsteher jobbte, entließ ihn.

Die „Hammerskins“ sind ein elitärer Kreis, der zur internationalen „White-Power-Bewegung“ gezählt wird. Organisatorisches Vorbild ist die Rocker-Szene. Die seit 1991 existierende und knapp 200 Personen zählende Gruppe fördert Bands und organisiert Konzerte. Kiebitz versicherte vor dem Arbeitsgericht, er gehöre nicht zu dem Netzwerk.

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Andreas Speit arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

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