Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Dankbar für die Sklavenarbeit

Die Jugend der Welt lässt sich vom IOC bereitwillig ausbeuten. Während die Volunteers hart schuften, sitzt der Verband auf seinen Millionen.

Glücklich über eine kurze Pause: Freiwillige in Sotschi. Bild: dpa

SOTSCHI taz | Müde trottet das Heer der willigen Helfer am Morgen durch die olympische Landschaft. Es ist noch dunkel, aber sie sind schon wieder bereit. In ihren blauen Jacken mit den bunten Ornamenten machen sie sich auf den Weg zu ihren Einsatzorten. 25.000 Freiwillige rackern bei Olympia, unentgeltlich. Die Generation Praktikum muss nicht bezahlt werden, um sich gut zu fühlen. Die olympischen Momente sind es, die sie mitnehmen als harte Währung.

Die langen Arbeitszeiten und das strenge Regime der Organisatoren empfindet kaum einer von ihnen als Zumutung. Sie kleben eifrig Tape über unerwünschte Sponsorenlogos und stehen stundenlang in der Kälte an einer Bushaltestelle. Die Freiwilligen von Sotschi sind zwar nicht so überschwänglich freundlich wie in Peking, aber ohne sie würde der olympische Betrieb nicht laufen.

Das IOC hat Glück, dass es eine olympische Jugendbewegung gibt, die sich so problemlos ausbeuten lässt. Solange die bienenfleißigen Volunteers schuften, muss das IOC nicht an die eigenen Reserven von 686,9 Millionen Euro gehen. Es gibt natürlich auch deutsche Volunteers. Der Sportbund von Brandenburg und Baden-Württemberg hat für Deutsche mit Migrationshintergrund ein Programm aufgelegt. So ist Evgheni Kirzner ans Schwarze Meer gekommen. „Ich wurde gewarnt, dass wir keine regelmäßigen Arbeitszeiten haben, aber dafür bin ich bei Olympia dabei“, sagt er.

Mit 16 ist er von Transnistrien, das völkerrechtlich zu Moldawien gehört, nach Deutschland gekommen. Evgheni spricht gut Russisch, weswegen er als Fahrer und Übersetzer im Bergdorf Krasnaja Poljana arbeiten darf. Der 28-Jährige hat es gut erwischt. Manchmal arbeitet er nur halbtags. „Mit der postsowjetischen Mentalität kenne ich mich gut aus“, sagt er. Die Freundlichkeit der Russen habe ihn überrascht, in Moldawien seien sie anders drauf gewesen. „Das ist hier eigentlich wie in Europa.“

Mit den Sportarten kennt er sich noch nicht so gut aus. Er sei einmal beim „Hochsprung“ gewesen, erzählt der Informatikstudent aus Karlsruhe. War er also auch bei den Sommerspielen in London? Das Missverständnis klärt sich schnell auf. Er meint den Halfpipe-Wettbewerb, wo sie ja auch manchmal über drei Meter hoch über den Rand der Pipe hinausspringen. Evgheni schläft kaum. Er will nichts verpassen, alles aufsaugen. „Länger als ein paar Stunden zu schlafen, wäre eine Schande.“ Es ist schließlich Olympia.

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