Kolumne Einfach gesagt: Rassismus in Grün

Die Idee, man könne sich wegen des WM-Ausgangs für Afrika freuen, funktioniert leider nicht. Außer in genetischer Hinsicht – da steckt der Rassismus im Detail.

Alles Franzosen: Staatspräsident Macron mit der Fußball-Nationalmannschaft Foto: picture alliance/Francois Mori/AP/dpa

Is it correct to give Congratulations to Africa for winning the first World Cup??? Africa is the future – love“ las ich einer Freundin aus Facebook vor.

Wir saßen bei tropischer Eimsbütteler Hitze im Kaifubad, ihr fiel fast das Domino aus der Hand und sie fragte: „Was soll das mit dem „love“ am Ende?“

„Na, love bedeutet maximale positiv-emotionale Zustimmung!“

„Verstehe. Hat er einen Shitstorm gekriegt?“

„Eher einen Mixedstorm. Viele schrieben, wenn man ihn kenne, wisse man, wie er das meint. Andere schrieben, egal, wer das postet, es sei rassistisch.“

„Ist er weiß?“

„Total.“

„Deutscher?“

„Ja.“

„Wurzeln in Hamburg?“

„Nee, Schwabe.“

„Ah! Was macht der so?“

„Ist beruflich viel unterwegs in Afrika, einer von Viva con Agua.“

„Einer von den positiven Rassisten?“

„Was soll das sein?“

„Na, so einer, der meint, Schwarze seien grundsätzlich irgendwie besser drauf und genetisch überlegen.“

„Nee, der ist ja nicht plemplem.“

„Aber gut durchdacht ist der Post auch nicht. Was hätten echte Rassisten geschrieben, wenn Kroatien gewonnen hätte?“

„Vielleicht: Herzlichen Glückwunsch einer ethnisch homogenen Mannschaft zum Titel. Weiß ist die Zukunft. Hate!“

„Ist aber ja nicht dasselbe in Grün, wie das, was dein Kumpel geschrieben hat.“

„Nee. Aber er hat ein Foto dazu gepostet, auf dem nur die schwarzen französischen Spieler zu sehen sind.“

„Also war Griezmann nicht drauf?“

„Nö.“

„Aber der hat auch gewonnen!“

„Aber der ist eben nur Franzose oder hat zumindest nix Afrikanisches.“

„Dann hat dein Kumpel ihm nicht gratuliert.“

„Naja, einige schrieben, alle Menschen kämen im Grunde aus Afrika, es sei die Wiege der Menschheit.“

„Ist das denn unumstritten belegt?“

„Andere schrieben, nein.“

„Wollen wir das mal googlen?“

„Nö, zu heiß zum googeln.“

„Ach, diese Zuweisungen nerven sowieso, du bist ja auch immer die saudi-arabische Schriftstellerin und ich die ägyptische.“

„Ich wünsche mir, dass Nordafrika mit dir oder mir im Sturm mal den Deutschen Buchpreis gewinnt!“

„Insch Allah! Fast das einzige, was ich auf Arabisch sagen kann.“

Was mein Freund vermutlich meint: Die großartigen Talente spielen für Frankreich, da afrikanische Länder vom Westen schon ewig und auch weiterhin ausgebeutet werden und dadurch in ökonomischer und struktureller Hinsicht zu gebeutelt sind, um eine weltmeisterliche Mannschaft zu etablieren. Vielleicht ist das absolut wahr. Trotzdem werden die Spieler durch solch impulsive Posts reduziert. Hätte ein rechter Politiker gesagt, es hätte ja gar nicht das französische Team gewonnen, denn in der Mannschaft würden so viele Afrikaner spielen, wäre der Rassismus sofort deutlich.

Und die schöne Idee, man könne sich wegen des WM-Ausgangs für Afrika freuen, funktioniert leider nicht. Außer in genetischer Hinsicht – da steckt der Rassismus im Detail. Vieles an dieser WM macht die Probleme des Kontinents Afrika eher deutlich.

Übrigens: Als die überwiegend aus schwarzen Spielern bestehende amerikanische Basketballnationalmannschaft 1992 in Barcelona Gold holte, wurde sie einfach Dream Team genannt. Love!

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Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta Verlag erschienen. In der taz schreibt sie im Zwei-Wochen-Takt über fragwürdige Aussagen eigener und fremder Art.

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