Kolumne Fernsehen: Happy World Television Day!

Am Freitag ist Weltfernsehtag. Da soll das Fernsehen mal so richtig gefeiert werden. Verdient hat es das aber nun wirklich nicht.

Alles Gute, geliebtes Fernsehen Bild: dpa

Am Freitag ist Weltfernsehtag! Wie geil! Und das haben sich nicht etwa die Fernsehsender ausgedacht, nein, das haben die Vereinten Nationen so richtig offiziell beschlossen. Resolution 51/205: Der 21. November ist World Television Day. „Fernsehen kann eine riesige Kraft für das Gute sein“, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan einst zu Ehren dieses wichtigsten Tages des Jahres (nach dem Weltspartag): „Das Fernsehen kann unzählige Menschen über die Welt um sie herum aufklären.“

Was lehrt uns das Fernsehen in Deutschland denn gerade?

Erstens: Die Privaten können es nicht mehr.

Es fiel schon lange vorher schwer, Oliver Bierhoffs feuchten Werbetraum, der sich DFB-Nationalmannschaft nennt, sympathisch zu finden – doch seit RTL auch noch die Länderspiele überträgt, ist es nahezu unmöglich. Falls es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die großen deutschen Privatsenderfamilien ihre Innovationskraft verloren haben: Hier ist er.

RTL hat einst den Fußballfernsehabend revolutioniert: Das Zusammenspiel von Günther Jauch, der durch den kompletten Abend führte, und Marcel Reif, der launig kommentierte, hob die Berichterstattung über Fußball tatsächlich auf ein neues Niveau. Und es wurde plötzlich sogar unterhaltsam.

ARD und ZDF waren getrieben, sich anzupassen. Das dauerte, etablierte sich mit Netzer und Delling und erlebte seinen Tiefpunkt im ZDF-Desaster auf Usedom während der EM 2012, als ein Hubschrauber über ein am Strand herumlümmelndes Publikum flog. 2014 lümmelte dann nur noch Katrin Müller-Hohenstein am Pool und überreichte Lukas Podolski ZDF-„Strandläufer“. Es gab also wieder einiges zu retten in der Sportberichterstattung.

Und was kam von RTL? Jens Lehmann, eine App und ein Espresso schlürfender Jogi. Danke für nichts.

Zweitens: Toleranz muss man allen gegenüber zeigen, die nicht so richtig normal, aber auch nicht schlimm sind.

Normal und nicht richtig schlimm im Sinne der ARD. Was die bei der ARD leider nicht verstanden haben: Toleranz setzt Ablehnung voraus – sonst braucht man ja gar nicht erst tolerant zu sein. Toleranz braucht also ein Subjekt, das toleriert, und ein Objekt, das gütigerweise vom Subjekt toleriert wird. Blöd, wer das nicht kapiert. Besonders, weil die ARD gerade in allen Radio- und Fernsehprogrammen eine Themenwoche zum Thema Toleranz veranstaltet.

Dort ist Toleranz, wenn man in den USA einem nichtchristlichen Menschen zu Weihnachten nicht eine Karte mit „Frohe Weihnachten“, sondern mit „Frohes Fest“ – „Season’s Greetings“ – darauf schickt. Und „ist sich das knutschende schwule Paar in der U-Bahn eigentlich bewusst, wie viel Toleranz es seinen Mitreisenden abverlangt?“, fragt der Hessische Rundfunk.

Es gibt also gute Gründe dafür, warum die UN auf ihrer Webseite mittlerweile einschränken: „Der Weltfernsehtag steht nicht so sehr für das Feiern des Mediums, sondern viel mehr für die Philosophie, die hinter dem Medium steht.“

Schade, wenn die Fernsehmacher gar keine Philosophie dahinter mehr erkennen lassen.

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Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.

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